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  • Kultur
  • Vom Gastspiel der Deutschen Oper Berlin in Japans Hauptstadt

Wagner-Marathon

  • Lesedauer: 3 Min.

Nun läuft im musenfreundlichen Tokio die dritte Wagner-Runde beim großen Gastspiel der Deutschen Oper Berlin. Die „Lohengrin“ -Inszenierung fand in der Bunka Kaikan-Halle überaus herzliche Aufnahme. Schon nach den ersten beiden Aktschlüssen zur Premiere gab es stürmischen Beifall. Parallel zu „Tristan und Isolde“ in der NHK-Hall wird sie noch bis zum 11. Oktober gezeigt. Der „Lohengrin“ war vor allem eine trefflich gemeisterte Bewährungsprobe für Chor (verstärkt durch die Tokyo Memorial Chorus Society) und Orchester. “Und Generalintendant Prof f ., ,G.öte .Friedrich verwies denn aucn nicht ohne Stolz auf sein Ensemble, auf dessen Leistungskraft man auch in Zeiten der Stagione, der reisenden Weltstars, noch immer setzt.

Ihm gehören hervorragende Sängerpersönlichkeiten an. So wurde Janis Martin mit Bravos für ihre stimmsatte Ortrud gefeiert. Thomas Sunnegardh ist ein imposanter Lohengrin, Karan Armstrong eine stark verinnerlichte, tief verstörte Elsa von beträchtlichem vokalen Wohllaut. Oskar Hillebrandt ein dramatischer Telramund, Manfred Schenk ein markanter König Heinrich. Einem fiel beim

Vorbeugen die Krone vom Haupt, Gottfried, dem kleinen Herzog von Brabant alias Johannes Friedrich, neunjähriger Sohn des Regisseurs, der seine Sache sonst sehr souverän angeht.

Intendant Friedrich, Regisseur aller drei in Tokio gezeigten Wagner-Opern, nutzte das Japangastspiel, um auf den Nutzen kontinuierlicher Arbeit zu verweisen. Als er 1980, ein Jahr vor Aufnahme seines Amtes an der Deutschen Oper, seine erste Wagner-Inszenierung, „Lohengrin“, erarbeitete, saß Christian Thielemann als Korrepetitor am Klavier. Inzwischen hat der sich den 'Wind umdieNase wehen lassen, war Musikalischer Direktor in Nürnberg und zuvor an der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf, dirigierte beim Israel Philharmonie Orchestra. Nun leitete der 34jährige Dirigent mit großem Erfolg die Aufführung des „Lohengrin“. Seine Sensibilität (Friedrich spricht von Wagnerscher „Zärtlichkeit“) wie Konturenschärfe begeisterten das Publikum. Nun wird er wohl öfter am Pult in seiner ersten, der Anfänger-Wirkungsstätte in Berlin zu erleben sein.

Hirotaro Higuchi, Präsident des Tokioer Opern-Festival-Komitees und zugleich Vertre-

ter des Hauptsponsors Asahi Brauerei, der fast keine Aufführung versäumt, äußerte sich inzwischen, wie schwierig selbst in Japan die Finanzierung so aufwendiger europäischer oder amerikanischer Operngastspiele wird.

Der Begriff Sponsoring tauchte anderentags auch in der privaten Sophia-Universität auf, die ein Symposium „Vision Berlin 2000“ ausrichtete. Dort referierte Prof. Friedrich zu Geschichte und heutigem wie zukünftigem Auftrag der drei Opernhäuser an der Spree. Er plädierte dafür, daß die öffentliche Hand wie Sponsoren die organisch , gewachsene KimsÜandsQbait erhalten müßten. Kulturabbau in den neunziger Jahren mit Blick auf die Jahrtausendwende sei ein Anachronismus, vor allem, wenn man daran denkt, welche Aufgaben Berlin als deutsche Hauptstadt zu erfüllen hat, dafür sei ein Kultur-Hauptstadtvertrag unabdingbar.

Ein Student hatte die „Meistersinger“-Inszenierung Friedrichs genau entschlüsselt: Brückenschlag zwischen Deutschen und Juden unterm Davidstern in Nürnberg. Das sei „Berliner Aufklärung“ heutzutage. Kunst schlägt Brücken.

TORU TANAKA

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