Löhne runter, Stellen sicher?

Manfred Bartsch

  • Lesedauer: 2 Min.
Sachsen-Anhalts Landesvize der Gewerkschaft ver.di hat mit der Landesregierung über einen neuen Tarifvertrag verhandelt.
ND: Für Landesbedienstete in Sachsen-Anhalt gibt es einen neuen Tarifvertrag. Was ist das Besondere?
Bartsch: Wir haben für 32000 Beschäftigte der Landesverwaltung erreicht, dass ihre Stellen sicher sind. Viele Mitarbeiter arbeiten zwar weniger und müssen auf Gehalt verzichten. Sie können aber im Gegenzug bis 2009 auch nicht betriebsbedingt gekündigt werden.

Die Landesregierung hatte eigentlich andere Pläne?
Sie hatte intensiv solche Kündigungen vorbereitet. In den nächsten drei Jahren sollten 4100 Stellen auf diese Weise wegfallen. Nach der jetzt beschlossenen Regelung wird in den unteren Einkommensgruppen zwei Stunden weniger gearbeitet, das entspricht einer Absenkung von 5Prozent. Im gehobenen Dienst sind es 6,5 Prozent, bei Besserverdienenden 7,5Prozent. Die Kliniken sind von der Absenkung nicht betroffen, sie fallen aber unter den Schutz des Tarifvertrages.

Warum gibt es bei den Krankenhäusern diese Sonderregelung?
Die Landesregierung will die Kliniken in Anstalten öffentlichen Rechts umwandeln. Wir haben für den Fall solcher Privatisierungen generell vereinbart, dass die Bestimmungen des Tarifvertrags weiter gelten. Dieses Element war uns ausgesprochen wichtig.

Auf welche Initiative geht der Tarifvertrag zurück?
Das Land hatte uns aufgefordert, in Verhandlungen einzutreten. Wir haben das zunächst abgelehnt und von der Regierung verlangt, ihre Vorstellungen auf den Tisch zu legen. Das geschah: Das Land hatte die betriebsbedingten Kündigungen exakt vorbereitet. Wenn wir nicht verhandelt hätten, wäre das durchgezogen worden; die Landesregierung ist da sehr konsequent.

Was sagen Ihre Mitglieder dazu?
In unserer Tarifkommission haben von 24 Mitgliedern nur drei den Vertrag abgelehnt.

Sachsen-Anhalt hat, wie auch Berlin, zeitweilig mit einem Ausstieg aus der Tarifgemeinschaft gedroht. Ist das nun vom Tisch?
Das Land hat jetzt eindeutig erklärt, nicht aus der Tarifgemeinschaft austreten zu wollen. Anders als in anderen Ländern, hat man auch die Arbeitszeit der Beamten nicht angehoben. Die Regierung von CDU-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer steht, im Gegensatz zu Unions-Fraktionsvize Friedrich Merz, zur Tarifautonomie und zum Flächentarif. Und da ein Vertreter des Landes im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat sitzt, hoffen wir, dass dieses Thema auch dort nicht zur Disposition steht.

Geht es den Landesbediensteten von Sachsen-Anhalt mit dem Vertrag besser als denen anderer Länder?
Unser Vorgehen ist innerhalb der Gewerkschaft lange und gründlich diskutiert worden. Vor allem die ostdeutschen Kollegen finden den Vertrag gut. Dass wir solche Absenkungs-Tarifverträge nicht gern abschließen, können Sie mir glauben. Aber wir hatten die Wahl zwischen Pest und Cholera.

Fragen: Hendrik Lasch
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