Werbung

Spritzen unterbrechen Schöpfung

Die »Pille für den Mann« ist nur noch eine Frage der Zeit

  • Lesedauer: 3 Min.
Australischen Wissenschaftlern ist der entscheidende Durchbruch bei der Entwicklung eines Verhütungsmittels für Männer gelungen. Mit Hormonspritzen kann die Spermaproduktion wirksam unterbrochen werden, wiesen die Experten um Professor David Handelsmann am ANZAC Research Institute in Sydney nach. Wurde die Hormonbehandlung beendet, klappte es auch mit der Fortpflanzungsfähigkeit wieder.

Gesteigerte Libido
Achtzehn Monate lang hatten die Forscher ihr Verhütungskonzept an 55 Paaren getestet. Der Erfolg war hundertprozentig. Bei aller Liebe kam es zu keiner einzigen Schwangerschaft. Einer der Probanden war der Polizist Chris Haines, heute stolzer Vater. Sieben Monate nach Ende seines Einsatzes für die Wissenschaft wurde Gattin Nicole schwanger. Während der Hormonbehandlung konnten sich die Haines nicht über mangelndes Liebesglück beschweren. Gesteigerte Libido war die einzige Nebenwirkung.
Die Verhütungsmethode ist einfach. Alle drei Monate muss eine Dosis des Hormons Progestin injiziert werden. »Dieses Hormon schaltet die Spermaproduktion ab«, erläutert Handelsmann. Das geschehe durch die gleichzeitige Abschaltung des Testosterons. Da aber auf das männliche Sexualhormon nicht verzichtet werden könne, werde die Versorgung mit dem körpereigenen Sexstimulans während der spermalosen Phase durch ein Testosteronimplantat sichergestellt.
Die Australier sind nicht alleine auf der Suche nach der Pille für den Mann. Auf den lukrativen Markt für Verhütungsmittel drängt auch das Berliner Pharmaunternehmen Schering. Die Weddinger Firma, die als Erfinder der Anti-Baby-Pille Medizingeschichte geschrieben hat, hofft spätestens im Jahr 2007 in Zusammenarbeit mit dem holländischen Unternehmen Organon mit einer Pille für den Mann die Nase vorn zu haben. Die Herausforderung für beide Unternehmen bestehe darin, eine Methode zu entwickeln, die nicht nur verlässlich und reversibel, sondern auch akzeptabel für den Anwender ist.

Acht Pillen pro Tag
Der Entwicklung einer »Pille für den Mann« haben sich auch die Wissenschaftler von der Universitätsklinik für Frauenheilkunde am Wiener AKH verschrieben. Den Österreichern ist es gelungen, durch die Behandlung mit dem Gelbkörperhormon Desogestrel die Spermienproduktion soweit zu senken, dass der Mann nicht mehr Herr der Schöpfung sein kann. Aber auch durch die Wiener Methode wird der Testosteronhaushalt beeinträchtigt und muss mit acht Pillen pro Tag aufgepeppt werden.

Männer wollen verhüten
Auf dem hart umkämpften Zukunftsmarkt heißt es flink und zielstrebig zu sein wie ein Spermafaden auf dem Weg zum Ei und so haben die Australier schon die Vermarktung ihres Verfahrens im Visier. Mit zwei großen Pharmaunternehmen würden bereits Gespräche geführt. Aber auch bei einem zügigen Abschluss der Verhandlungen wird kaum vor 2005 mit der Markteinführung zu rechnen sein. Die Bereitschaft seiner Geschlechtsgenossen in Down Under, für die Verhütung von Schwangerschaften die Verantwortung zu übernehmen, sieht Handelsmann als groß an, denn »Australien und Neuseeland haben weltweit die höchste Rate der Vasektomie (operative Entfernung eines Teils des Samenleiters)«. Anna Glasier von dem »Centre for Reproductive Biology« der Universität Edinburgh ist eher skeptisch. Die Schottin hat in einer internationalen Untersuchung herausgefunden, dass die Verhütung mit der Spritze bei Männern weniger gut ankomme als mit einer Tablette.

Michael Lenz, Sydney
Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal