Erichs Strichmännchen

Heute vor 80 Jahren kam Erich Schmitt in Berlin zur Welt.

  • Frank Burkhard
  • Lesedauer: 3 Min.
Seine Strichmännchen begeisterten Millionen. Erich Schmitt, der 1984 starb, war einer der populärsten Zeichner in der DDR. Der dicke, gemütliche »Onkel Erich« war selbst ein rundes Strichmännchen. So kannten wir ihn, wie er als Partner seiner erfundenen Figuren Kollege Blech, Schwester Monika oder Tierparklehrling Ede in zahllosen Bildgeschichten auftauchte. Erich Schmitt hatte den typisch berlinischen Witz, der jedoch überall in dem Stück Deutschland zwischen Kap Arkona und Suhl verstanden wurde. Er war der Zeichner-Star der »Berliner Zeitung«, und wurde im »Eulenspiegel«, der »Freien Welt« oder der »NBI« geschätzt. Heute vor achtzig Jahren kam er in Berlin zur Welt. Anfangs boxte er sich durchs Leben und wurde 1940 sogar Berliner Vizemeister im Fliegengewicht (!). Nachdem der gelernte Schlosser bei der Marine Lebenserfahrung gewonnen hatte, entschied er sich nach Kriegsende, Zeichner zu werden. Seine ersten Karikaturen erschienen 1947 in der Jugendzeitung »"Start«, im »Nachtexpress« und bald schon in der »Berliner Zeitung«. Die tagesaktuellen Karikaturen, die er hier bald täglich zeichnete, wurden auch in vielen anderen Zeitungen nachgedruckt. Mit wenigen, prägnanten Strichen verstand er es, Politiker, Sportler oder Kosmonauten treffend zu charakterisieren. Mehr als drei Jahrzehnte fand der Leser seine tägliche Schmitt-Karikatur, eine immense Leistung, die in der Pressewelt ihresgleichen sucht. Schmitt war ein großer Tierfreund. Besonders der Berliner Tierpark hatte es ihm angetan, und neben den Tierwärtern Ede und Edeltraud war es immer wieder der Chef, Professor Dathe, der in Erich Schmitts Tierparkskizzen auftauchte. Hier brachte Schmitt immer wieder seinen Mutterwitz an, den er übrigens auch als Entertainer in öffentlichen Veranstaltungen oder als nicht immer moderater Moderator in Fernsehsendungen unter Beweis stellte, wenn er als Spielmeister in einer überraschenden Situation amüsiert ausrief: »"Auweia, ick pinkel mir in die Hose!« Das war damals überhaupt nicht politisch korrekt. Erich Schmitt war ein Genießer, und genossen hat er besonders oft in seiner Stammkneipe, der Niquet-Klause in der Nähe der damaligen Redaktion der »Berliner Zeitung«. Hier stattete er die Wände mit den herrlichsten Strichmännchen aus. Als ein neuer Besitzer den Frevel beging, die Schmitt-Originale übermalen zu lassen, wurde das Etablissement gemieden. Heute ist es eingegangen. Schmitt war DDR-Pionier der Bildergeschichten, die damals noch nicht »Comic strip« genannt wurden. Schwester Monika, später zur Oberschwester befördert, war die erste Serie gewidmet. Ihre Erlebnisse fasst ein neues Buch zusammen, das zu Ostern von der Kulturscheune Kückenshagen herausgegeben wird. Star der zweiten Schmitt-Serie im »Eulenspiegel«-Vorgänger »Frischer Wind« war Nixi, eine kleine, zu Streichen aufgelegte Meerjungfrau. Mit ihr bekam Erich Schmitt auch Ärger. »Abgeschmackt« und »an den Haaren herbeigezogen« nannten Leserbriefschreiber die Reihe, und ein Leser aus Grimma dichtete: »Nicht von Nixi - einem blassen Fabelwesen - sondern von der großen Initiative wolln wir lesen!« Doch ein Sturm des Widerspruchs entbrannte damals unter den Lesern. »Nixi« wurde eins von mehr als zwanzig Büchern, die zu Schmitts Lebzeiten erschienen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.