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Mut muß wachsen

Fünfte Schreibwerkstatt für junge Poeten

  • Lesedauer: 2 Min.

Als sie 1990 zusammenkamen, griffen sich Leute an den Kopf. Alle ostdeutsche Welt, beschäftigte der schnöde Mammon und sie veranstalteten eine Schreibwerkstatt für junge Poeten. Am vergangenen Wochenende wurde es bereits die Fünfte. Angelika Griebner, einstige Junge-Welt-Literaturredakteurin, und die Neue Gesellschaft für Literatur (NGL) hatten dieses Mal sechzig junge Schreiberinnen und Schreiber nach Münchehofe bei Berlin geladen. Auf dem Reiterhof der Jugendbuchautorin Sieglinde Dick schlugen sie ihre Zelte auf und holten ihre Manuskripte sozusagen aus dem stillen Kämmerlein.

Schülerinnen und Studiosi, Lehrlinge und Arbeitslose. Nicht nur aus dem Osten der Republik waren sie angereist, sogar aus Frankreich und der Schweiz kamen sie, hockten vor dem großen Feuer und lauschten zunächst einmal denen, die es geschafft haben, Bücher zu veröffentlichen. Kerstin Hensel, Michael Wildenhain, Frank Goyke. Kriminacht war angesagt, ob erotischer Tod im Gewächshaus oder knallhartes Sterben durch Pitbullzähne, die Jünger der schreibenden Zunft lauschten zurück. Später rückten sie enger ans Feuer, sangen zur Gitarre einander unbekannte Lieder. Ost- und Westgeschichten.

Veranstaltet zu DDR-Zeiten von der FDJ, wurde alljährlich viel Brimborium um die jungen Schreiber gemacht. Damals gab es Feten und Treffen mit den besten Autoren des Landes, wurden Medien nicht müde, den Nachwuchs zu loben. „Hier in Münchehofe sind wir zu den Wurzeln zurückgekehrt“, meinte Angelika Griebner. Hier waren wieder die Worte Maß aller Dinge. Viel Geld stand bei keinem der fünf Nachwendetreffen zur Verfügung. Diesmal, so Uwe Bartels von der NGL, hatte der Berliner Senat Geldmittel noch einmal um 15 Prozent gekürzt. Doch auf Nudelsuppe und Schrippen brauchte keiner der jungen Poeten zu verzichten. Am Sonnabend brutzelte sogar eine halbe Sau am Spieß.

Dennoch muß es solche Treffen geben, meint Reiterhofbesitzerin Sieglinde Dick. Der Mut zum Bestseller müsse schließlich wachsen. Und ohne Hilfe hätte mancher, der begann zu schreiben, niemals weitergemacht. „Klasse setzt sich nicht immer durch“, sagt sie und auch, daß man die jungen Leute ja nicht verhätscheln würde. Natürlich waren zwei Tage viel zu wenig, alle Fragen zu klären, aber allemal genug, sich über seine Ängste und Ideen auszutauschen.

CLARA FELD

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