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Pannen im Skandalknast Santa Fu

Das jüngste Geiseldrama erhöht Druck auf Hamburger Justiz

  • Lesedauer: 2 Min.

In der skandalumwitterten Hamburger Strafvollzugsanstalt „Santa Fu“ war Geiselnehmer Gerhard Polak als begabter Mechaniker bekannt. Der wegen räuberischer Erpressung verurteilte Schweizer montierte in der Gefängniswerkstatt Ölbrenner, aber nicht nur das: Heimlich schweißte der 35jährige aus Metallsprossen und einem Stuhl eine Leiter zusammen. Zusammen mit dem verurteilten Mörder Raymond Albert überwand Polak vor drei Wochen dann mit dieser Leiter bei dichtem Nebel die Anstaltsmauer Hamburgs Justizsenator Klaus Hardraht konnte nach dem dreisten Ausbruch nur kleinlaut zugeben: „Das Versagen im menschlichen Bereich in dieser Häufung gibt tief zu denken.“

Die Liste der Pannen, die den Ausbruch der Gewaltverbrecher ermöglichten, ist lang. Hinweise in den Personalak-

ten, daß Polak sein handwerkliches Geschick 1988 schon einmal zum Ausbruch aus „Santa Fu“ benutzt hatte, blieben offensichtlich unbeachtet. Die beiden Gangster hatten wohl auch keine Probleme, eine Säge, ein 28 Meter langes Elektrokabel und die montierte Leiter aus der Werkstatt in die Zelle zu schmuggeln und dort wochenlang zu deponieren.

Das Geiseldrama erhöht nun den Druck auf die Hamburger Justiz, die Schwachstellen im Strafvollzug aufzudecken. Derzeit betrifft die Suche nach den Schuldigen nur die unteren Ebenen. Gegen zwei Bedienstete der Justizvollzugsanstalt wurden nach der Disziplinarordnung Verfahren eingeleitet.

Persönliche Konsequenzen lehnt der parteilose Justizsenator ab: „Seit meinem Amtsantritt ist eine ungewöhnlich hohe Zahl von Maßnahmen zur Verbesserung der inneren Si-

tuation in den Strafanstalten sowie zur Erhöhung der Sicherheit des Strafvollzugs geplant und in erheblichen Umfang bereits umgesetzt worden“, sagte Hardraht in einem Interview Im Frühjahr soll eine Anlage zur Absicherung der Außenmauern für sechs Millionen Mark installiert werden.

Zahlreiche Kritiker meinen jedoch; daß die Anstalt in der Nähe des Hamburger Flughafens auch mit Millionen-Investitionen nicht wirklich sicher gemacht werden kann. In dem riesigen und mehr als 100 Jahre alten Backsteingemäuer sei kein moderner Strafvollzug möglich. Von den Überlegungen seiner Vorgängerin, der heutigen Berliner Justizsenatorin Peschel-Gutzeit (SPD), „Santa Fu“ durch kleinere Anstalten am Standrand zu ersetzen, hält Hardraht nichts.

CHRISTOPH DERNBACH, dpa

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