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  • Kultur
  • Seit vier Jahren besteht das Label „Nebelhorn“

Andere hätten, er hat...

  • Lesedauer: 3 Min.

Auf den Tag genau läßt sich nicht sagen, wann der Liedermacher Stefan Körbel sein eigenes Platten-Label gründete und „Nebelhorn“ nannte. Wohl als Deutsche Schallplatten Berlin seine Songs und die von seinesgleichen nicht mehr herausbringen wollte, irgendwann 1990. Das vierte Firmenjubiläum jedenfalls wurde vorigen Freitag gefeiert, mit vielen, vielen Gratulanten, mit einer kurzen Rede, mit Musik und Wein, Brot und Käse und - wie es sich gehört - mit einem neuen Produkt: der CD/MC „Hammer-Rewüh“ von Karls Enkeln, der Gruppe Wacholder, dem Duo Beckert/Schulz.

Es fällt nicht leicht, sich nun nicht über diese „Mixtur aus Commedia dell' arte, Kabarett, Zirkus und Revue“ (Inlay) zu verbreiten. Mit ihr brachten die Musiker und Komödianten um Hans-Eckardt Wenzel und Steffen Mensching 1982/83 auf die Bühne, was die Massen erst im Herbst 1989 ergriff: den Anspruch auf ein selbstbestimmtes Leben. Die „Hammer-Re-

wüh“ schlug damals unglaublich ein, bei den Zuhörern wie bei den Oberen... - Zur CD erscheint eine Broschüre mit den Texten und Zeitzeugenberichten, herausgegeben von der Brandenburgischen Landeszentrale für politische Bildung, die 1993 auch Wiederaufführung und Mitschnitt ermöglichte.

Und „Nebelhorn“ stellt uns das Werk in Reichweite: als Beispiel für eine demokratische Kultur, die über Enge nicht jammert, sondern Spielräume erkämpft, wo nötig.

Falls „Nebelhorn“ einen Rahmen hat, so fällt die „Hammer-Rewüh“ heraus. Sie ist zwar für heute, aber von gestern. Doch wenn da Barbara Thalheim und Reinhold Ändert mit wahrhaft Zeitgenössischem neben Jazz ä la Turka und Karsten Troyke mit „Yiddish Anders“, wenn Kittner neben Wyssozki und „Old-Meklenborg for ever“ steht, kommt es darauf nicht mehr an. Worauf es ankommt: Hier wird auf Platte gepreßt und un-

ter die Leute gebracht, was eine Szene bunt, lebendig, kreativ macht, Zeitkritik, die auf Veränderung drängt - nichts, was Millionen abwirft, etwas, das sich verlöre, wenn es nach den Spielregeln der großen Plattenfirmen ginge.

Stefan Körbel setzt viel Zeit an sein Label. In gar keinem Verhältnis dazu steht, was er damit verdient - gut, daß er sein Solo-Programm und dies und das hat! Es fördert nicht den Umsatz, aber es freut, daß drei seiner knapp 20 Produktionen auf die Quartalslisten für den Preis der deutschen Schallplattenkritik kamen. Richtig stolz ist er auf eine: „Enchanting Mongolia“ - mit ihr leistete er Pionierarbeit. Zum ersten Mal wurden Zeugnisse der alten mongolischen Musikkultur in CD-Qualität produziert.

„Alles andere hätten andere auch gekonnt, das konnte nur ich!“ Mag sein. Aber was alles andere betrifft: Andere hätten, er hat.

ROLF WERTHER

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