Terrorchef bietet Waffenstillstand an

Mutmaßliche Offerte von Bin Laden an Europa stößt auf schroffe Ablehnung

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Der weltweit gesuchte Al-Qaida-Chef Osama bin Laden, der für die Flugzeugattentate vom 11. 9. 2001 in New York und Washington sowie für eine Reihe weiterer Terror-Anschläge verantwortlich gemacht wird, hat sich angeblich in einer Botschaft an die »Nachbarn nördlich des Mittelmeeres« gewandt.
Die Sender »Al Dschasira« sowie »Al Arabia« (Foto) veröffentlichten am Donnerstag ein Tonband, in dem Europa ein Waffenstillstand offeriert wird. Die Echtheit des Bandes ist noch unbestätigt, doch zumindest »Al Dschasira« saß bislang noch keiner Fälschung auf. Eine Stimme erklärt: »Ich biete einen Waffenstillstand mit der Zusage an, Einsätze gegen jeden Staat einzustellen, der gelobt, Angriffe auf Moslems oder die Einmischung in ihre Angelegenheiten, und das schließt die amerikanische Verschwörung gegen die weitere islamische Welt ein, zu unterlassen.« Die Kampfpause »beginnt mit dem Abzug des letzten Soldaten von unserem Land«. Die Tür zu einem Waffenstillstand stehe »für drei Monate offen«. Die Dauer könne verlängert werden. Im Text wird auf die Anschläge vom 11. September 2001 in den USA - bei denen annähernd 3000 Menschen starben - sowie am 11. März 2004 eingegangen, bei denen im vergangenen Monat in Madrid 191 Menschen umkamen. Das seien Reaktionen auf die »Zerstörungen und das Töten unserer Völker in Afghanistan, Irak und Palästina«. Die »Heimzahlung« erfolgte, »damit Ihr wisst, dass Sicherheit eine Notwendigkeit für alle ist«. Der angebliche Bin Laden kritisierte die US-Nahost-Politik. Die ignoriere das wirkliche Problem, die Besetzung Palästinas. Man werde sich an den USA rächen für den Tod von Hamas-Führer Scheich Jassin, der von Israel umgebracht worden war. Eine größere Passage beschäftigt sich mit dem Irak-Krieg. Der »bringt großen Firmen Millionen Dollars, egal ob sie Waffen herstellen oder am Wiederaufbau beteiligt sind...« Es sei im Interesse beider Seiten, »jenen keine Chance zu geben, die das Blut von Nationen für ihre kleinlichen persönlichen Interessen und wegen ihres Gehorsams gegenüber der Bande aus dem Weißen Haus vergießen«. ....................................................................... »Seid Euch bewusst, dass, wenn Ihr uns und unsere Handlungen als Terrorismus beschreibt, Ihr Euch selbst und Eure Handlungen ebenso beschreiben müsst...« ....................................................................... Erste Reaktionen aus europäischen Hauptstädten sind schroff ablehnend. In Berlin hieß es: »Die Staatengemeinschaft muss gemeinsam den Kampf gegen den internationalen Terrorismus fortsetzen. Dazu wird Deutschland weiterhin seinen Beitrag leisten.« Die britische Regierung hält Bin Ladens Vorschlag für eine »zynische Strategie«, mit der ein Keil zwischen Europa und die USA getrieben werden soll. »Die Vorstellung, mit einer Gruppe, die sich über die Gewalt definiert, einen Waffenstillstand einzugehen, ist absurd«, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. EU-Kommissionspräsident Romano Prodi betonte, unter »terroristischer Bedrohung kann es keine Verhandlungen geben«. Die künftige spanische Regierung unter Jose Luis Rodriguez Zapatero schlug vor, das Angebot schlicht zu ignorieren. Derweil, so erfragte dass »Psephos«-Institut, wächst unter deutschen Managern die Angst vor Anschlägen. 47 Prozent der Befragten rechnen mit starken oder sehr starken Konjunkturauswirkungen.
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