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  • Kultur
  • Er wurde populär als Architekt des Palastes der Republik: Heinz Graffunder

Seine Maxime: Licht und Luft fürs Wohnen

  • Prof. Dr. WOLFR. EISENTRAUT
  • Lesedauer: 3 Min.

Foto: Robert Grahn

Mit Professor Heinz Graffunder, der kurz vor Vollendung seines 68. Lebensjahres gestorben ist, haben wir einen der profiliertesten Architekten der DDR verloren. Sein Name ist untrennbar mit dem Wiederaufbau und der Gestaltung Ostberlins verbunden.

Sein Weg über die Baustellen Berlins beginnt nach dem Kriege: als Maurer setzte er Häuser instand und nach einem Studium an der Baufachschule in Berlin-Neukölln wartete er 1952 als Architekt mit ersten Planungen für Wohnbauten in Berlin-Friedrichshain nahe der Weberwiese auf. Dem Thema Wohnungsbau blieb er zeitlebens verbunden, über städtebauliche Entwürfe für das Wohngebiet Fennpfuhl und für den Stadtbezirk Marzahn, über Wohnungsbauentwicklungen bis hin zu seinem letzte Werk, einem Wohn- und Geschäftshaus, wieder am Friedrichshain, das er nach 1990 entwarf und zur Ausführung brachte.

Stets rang er um soziale und architektonische Qualität gleichermaßen. Mit Beharrlichkeit, aber auch nicht frei von Irrtümern, suchte er die einzig zur Verfügung stehende Plattenbauweise zu gestalten und näherte sich durchaus einer Maxime der frühen Moderne,

Licht, Luft und Sonne in die Wohngebiete der Menschen zu bringen. Freilich, enge und dogmatische Grenzen der Baupolitik vermochte auch er nicht zu überwinden, das mußte der unermüdlich Schaffende immer wieder erkennen.

Die Vielfalt seiner Interessen und seine schöpferische Veranlagung ließen ihn nicht auf ein Thema beschränkt bleiben. Mit dem Gesamtkonzept für den Tierpark Friedrichsfelde, insbesondere mit dem Alfred-Brehm-Haus, mit dem Bot-

schaftsgebäude der DDR in Budapest und den Rathauspassagen in Berlin-Mitte schuf er aufsehenerregende Lösungen, die sich vom üblichen Maß deutlich abhoben und die zur Architekturentwicklung des Landes wesentlich beitrugen.

Geradezu populär wurde Heinz Graffunder als Palast-Architekt. Als Erbauer eines Hauses, das in der Mitte der Stadt keinesfalls nur gesellschaftliche Repräsentationen bediente, sondern für die Ostberliner in der Tat ein Haus

des Volkes war, in dem Millionen Menschen erlebnisreiche Stunden, sei es im Konzert, im Theater, in der Galerie oder in den Gaststätten verbrachten, waren ihm die Angriffe gegen dieses Haus und die immer noch andauernden Abrißgelüste unverständlich. Er empfand sie als kulturlos.

Doch sie motivierten ihn zu neuem Tun. Wie kein anderer war er unermüdlich tätig für die Bewahrung des Palastes, er entwickelte dafür zahlreiche Nutzungsvorschläge sowie bautechnische und architektonische Konzepte und ging damit mutig an die Öffentlichkeit. Er widmete diesem Anliegen seine ganze Kraft und war bis zuletzt voller Optimismus.

Das Hauptwerk Heinz Graffunders mag durch die Politisierung der Gegenwart Beschädigung erlitten haben. Doch sein Beitrag für die Baugeschichte Berlins ist ungeschmälert und bleibend, und er wurde dafür vielfach geehrt. Als Professor an der Technischen Hochschule Cottbus gab er seine Erfahrungen den jüngeren Architekten weiter

Allen, die ihm begegneten, bleiben seine kultivierte Persönlichkeit, seine menschliche Qualität und seine Ausstrahlung unvergeßlich.

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