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  • Kultur
  • TRADITIONSVERSTANDNIS DER BUNDESWEHR

Nazigeneräle und Preußeri-Killer

  • Lesedauer: 3 Min.

Über die Bundeswehr als Instrument der Außenpolitik des neuen großen Deutschland wird viel gesprochen. Über die Armee als Erziehungsfaktor im Innern weniger Die heute gültige, an die Kolonialkriege erinnernde gewalttätige Konzeption zur Sicherung der Handelswege und Rohstoffquellen erklärt, warum die Bundeswehr auch im Innern der Gesellschaft immer mehr zum Gewaltpotential beiträgt. Kein Neonazitrupp ohne Bundeswehrpersonal. Das Ziel der Erziehung in der Bundeswehr sieht Generalinspekteur Naumann darin, „die Soldaten mit dem Tod vertraut zu machen“ In der Bundeswehr sind einige Nazi-Offiziere noch immer Vorbilder. Vor allem aber uralte Wegbereiter des Faschismus aus dem Weltkrieg I und den Jahren davor und danach werden in Ehren gehalten. Das weisen die Kasernennamen vieler Einrichtungen aus. Nazigeneräle wie Eduard Dietl (Hitler über Dietl: „Der eigentliche Geburtshelfer des Dritten Reiches“), Kriegsverbrecher und Nazirambos wie Ludwig Kubier und Hans Hüttner, Hans Röttiger und Josef Kammhuber, die sowohl Hitler wie Adenauer treu ergeben waren, werden damit glorifiziert. Die Namen wurden den Kasernen von Kommunalpolitikern und der Hardthöhe gemeinsam verliehen.

Jakob Knab: Falsche Glorie. Das Traditionsverständnis der Bundeswehr Ch. Links Verlag, Berlin 1995. 191 S., br., 29.80 DM.

Ein Großteil des „Erziehungspotentials“ bilden jene unverändert gültigen Kasernennamen, die Hitler in seiner „Traditionsoffensive“ 1937/38 verlieh. Jakob Knab, christlicher Antimilitarist, hat in seiner anhand der Kasernennamen geschriebenen deutschen Militärgeschichte nachgewiesen, daß diese nachhaltige Traditionsarbeit Hitlers den blutrünstigsten Preußen- und Putschgenerälen zu Kasernenehren verhalf: General von der Goltz, von Haeseler, Hindenburg, Lettow-Vorbeck, Ludendorff, Mackensen, Tirpitz.

Lettow-Vorbeck führte rassistische Kolonialkriege an und kämpfte gegen aufständige Arbeiter im Innern Deutschlands. Von der Goltz war Führer der Harzburger Front. Gleich sieben Kasernen sind nach Hindenburg benannt, der in einer Bundeswehrschrift mit einer Geschichtslüge vorgestellt wird: „Am 30. Januar 1933 ernennt Hindenburg Hitler zum Reichskanzler, der nach dem Tod Hindenburgs seine Diktatur aufbaute.“ General von Haeseler hat im Jahre 1893 seinen Truppen erklärt: „Es ist notwendig, daß unsere Zivilisation ihren Tempel auf Ber-

gen von Leichen, auf einem Ozean von Tränen und auf dem Röcheln von unzähligen Sterbenden errichtet.“ Noch heute sind zwei Kasernen nach diesem Killer benannt.

Die Bundeswehrführung ist heute sicherlich weniger den Weltherrschaftsplänen Hitlers als den Weltmachtsplänen Preußens und Wilhelms II. verpflichtet. Die Symbolik und die daraus abgeleitete politische Bildung der Soldaten sind rückwärts gewandt. In jedem Fall handelt es sich um „Falsche Glorie“ und um eine „Renaissance des Militarismus“ Wieder heißt es (Information für die Truppe, 5/92): „Der Soldat muß also zukünftig eher darauf gefaßt sein, in einem Krieg eingesetzt zu werden. Hier kann er getötet werden oder muß töten.“

Die Bundeswehrführung ist bisher nicht bereit gewesen, sich von-den Nazinamen für Kasernen und von den Preußen-Killern zu trennen. Doch nicht nur die Wehrpolitiker sind verantwortlich. Auch die Kommunalpolitik ist in die Pflicht zu nehmen. Als in Kornwestheim die Ludendorff-Kaserne den US-Amerikanern übergeben wurde, nannten diese die Kaserne fortan Cash-Kaserne. Doch alle Wegweiser der baden-württembergischen Behörden weisen immer noch zu einer Ludendorff-Kaserne.

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