- Ratgeber
- Arbeitsverhältnis
Nebentätigkeit mit Vollbeschäftigung vereinbar?
Claus G., Eberswalde
Grundsätzlich kann auch bei einer Vollbeschäftigung eine Nebentätigkeit aufgenommen werden. Durch die Haupt- und Nebentätigkeit darf jedoch die im Arbeitszeitgesetz vorgeschriebene Höchstarbeitszeit nicht überschritten werden. Da durch die betrieblich bzw. tariflich vereinbarte Arbeitszeit die gesetzliche Arbeitszeit in der Regel nicht ausgeschöpft wird, schließt die im Hauptarbeitsverhältnis zu leistende Arbeitszeit eine Nebentätigkeit auch bei Vollbeschäftigung nicht aus.
Ein Beispiel: Das Arbeitszeitgesetz geht von dem Grundgesetz des werktäglichen 8-Stunden-Tages aus (entspricht 48 Stunden pro Woche). Arbeitet der Arbeitnehmer laut tariflicher Vereinbarung in der 40-Stunden-Woche, kann er ohne Verletzung des Arbeitszeitgesetzes eine Nebentätigkeit von wöchentlich 8 Stunden aufnehmen.
Genehmigung vom Chef erforderlich?
Von Betrieben wird oft die Auffassung vertreten, dass die Aufnahme einer Nebentätigkeit durch den Arbeitnehmer der Genehmigung des Arbeitgebers bedarf. Dies wird nicht selten auch in Vereinbarungen und Arbeitsverträgen festgelegt. Solche Festlegungen sind nur bedingt zulässig.
Natürlich darf die Nebentätigkeit des Arbeitnehmers nicht den unternehmerischen Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen, d.h. sie darf keine unerlaubte Konkurrenztätigkeit darstellen. Die Arbeitskraft des Arbeitnehmers darf durch die Nebentätigkeit auch nicht so beeinträchtigt werden, dass ihm die vereinbarte Arbeitsleistung nicht oder nicht mehr ausreichend möglich ist, es also zu Fehl-, Schlecht- oder unzureichenden Leistungen kommt.
Eine Nebentätigkeit, die solche Fehlleistungen ausschließt, kann jedoch auch ohne ausdrückliche Genehmigung des Arbeitgebers aufgenommen werden. Eine im Arbeitsvertrag festgeschriebene Verpflichtung des Arbeitnehmers, eine Nebentätigkeit jeder Art nur mit Genehmigung des Arbeitgebers aufnehmen zu dürfen, ist rechtlich unverbindlich.
Informationspflicht des Beschäftigten
Von einer vertraglichen Einschränkung des Rechts des Arbeitnehmers eine Nebentätigkeit auszuüben, ist das Interesse des Arbeitgebers zu unterscheiden, zu erfahren, ob der Arbeitnehmer eine solche zusätzliche Tätigkeit aufgenommen hat und ob diese den geforderten Voraussetzungen entspricht.
Das Recht, vom Arbeitnehmer eine Anzeige einer Nebentätigkeit einzufordern, muss dem Arbeitgeber daher zugestanden werden. Selbst dann aber, wenn eine solche Anzeigepflicht bejaht wird oder vertraglich festgelegt worden ist, darf der Arbeitgeber eine Nebentätigkeit des Beschäftigten nur dann ablehnen, wenn er hierzu aus den oben genannten Gründen ein berechtigtes Interesse hat. Das wäre im strittigen Fall zu prüfen.
Mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen hätte der Arbeitnehmer nur dann zu rechnen, wenn die Tätigkeit nachgewiesenermaßen den Interessen des Arbeitgebers widerspricht und vom Arbeitnehmer dennoch weiter ausgeübt wird.
Keine Sozialabgaben vom Nebenjob
Nimmt ein Arbeitnehmer zu seiner Hauptbeschäftigung eine weitere geringfügig entlohnte Beschäftigung im Rahmen der 400-Euro-Jobs auf, so sind seit dem 1. April 2003 in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung beide Tätigkeiten nicht mehr zu addieren. Ein solcher Nebenjob neben einer versicherungspflichtigen Hauptbeschäftigung ist versicherungsfrei. Der Nebenverdienst ist somit »Brutto für netto«.
Dr. PETER RAINER
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