Wie starb Alexander Dubcek?
Untersuchungskommission in der Slowakei rollt mysteriösen Unfalltod wieder auf Aus Bratislava berichtet MARTIN SCHWARZ
Wenn schon die slowakische Gegenwart irreparabel scheint und in Bratislava, dem „Klein-Moskau an der Donau“, beinahe täglich eine neue Affäre
Dubcek zu untersuchen. Jaroslav Riha, Sekretär der Sozialdemokratischen Partei der Slowakei (SSDS), weiß gar von einer schriftlichen Unterstützungserklärung Premier Meciars für die Kommission zu berichten. Schon seit dem Tod Dubceks am 7. November 1992 sammeln die sozialdemokratischen Parteifreunde Beweise, die die Version eines ganz gewöhnlichen Unfalls unglaubwürdig machen sollen.
So durfte die Polizei Dubcek im Krankenhaus nicht zum Unfallhergang befragen, während Spitzenpolitiker aller Parteien der CSFR beinahe täglich am Krankenbett des Sterbenden saßen. Mysteriöser noch ist nach Auskunft Rihas das Verschwinden der polizeilichen Unfallskizze, die während der Untersuchung des Vorfalls am Militärgericht im tschechischen Tabor abhanden kam.
Erschwerend für die Arbeit der Untersuchungskommis-
sion ist die Trennung von Slowakei und Tschechischer Republik, weil der Unfall auf tschechischem Staatsgebiet geschah. Die slowakischen Sozialdemokraten haben deshalb erst im August ein Abkommen mit der tschechischen Schwesterpartei geschlossen. Sollten
sich die Vermutungen der Kommission bestätigen, wird die sozialdemokratische Fraktion im Prager Parlament von der konservativen Regierung Klaus die Herausgabe aller den Fall betreffenden Dokumente verlangen. Jaroslav Riha gibt sich nach wie vor überzeugt, daß diese Papiere zurückhält und hofft auf das „Rechtshilfeabkommen“.
Die Sozialdemokraten verfolgen mit der abermaligen Untersuchung des Falles jedoch nicht nur den Versuch einer notwendigen Vergangenheitsbewältigung, sondern glauben auch an das Gute im Parlament von Bratislava: Der unerwartete Parteienkonsens über die Einsetzung einer Untersuchungskommission soll laut Riha „die Polarisierung im slowakischen Parlament zumindest mittelfristig stoppen“.
Wir sind käuflich.
Aber nur für unsere Leser*innen. Damit nd.bleibt.
Die »nd.Genossenschaft« gehört ihren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die durch ihren Beitrag unseren Journalismus für alle zugänglich machen: Hinter uns steht kein Medienkonzern, kein großer Anzeigenkunde und auch kein Milliardär.
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen aufgreifen
→ marginalisierten Stimmen Raum geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten voranbringen
Werden Sie Teil unserer solidarischen Finanzierung und helfen Sie mit, unabhängigen Journalismus möglich zu machen.