Landgericht Coburg: Einseitige Vertragsveränderungen rechtswidrig

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Versicherungsgesellschaften dürfen Verträge nicht einfach einseitig ändern. Es genügt nicht, wenn sie ihren Kunden eine »Widerrufsfrist« einräumen. »Verträge können nur durch übereinstimmende Willenserklärungen abgeschlossen und verändert werden«, betont Lilo Blunck, Geschäftsführerin des Bundes der Versicherten (BdV) in Henstedt-Ulzburg. Der BdV hat beim Landgericht Coburg ein Urteil gegen die HUK-Coburg Krankenversicherung AG erwirkt, weil diese den Versuch unternommen hat, Policen ohne Mitwirkung der Versicherungsnehmer zu ändern. Lilo Blunck: »Der HUK-Coburg wäre es ohne dieses Urteil womöglich gelungen, den Kunden eine zusätzliche Krankenhaustagegeld-Versicherung über 25 Euro unterzuschieben.« Versicherer und Versicherungsnehmer müssen sich über Vertragsänderungen einigen. Durch einen unterlassenen Widerspruch des Versicherungsnehmers kommt keine Einigung über einen einseitig durch das Versicherungsunternehmen geänderten Vertrag zu Stande. Das Landgericht Coburg hat am 3. August 2004 unter dem Aktenzeichen 13 O 87/04 der HUK Sittenwidrigkeit und Irreführung vorgehalten und die Gesellschaft verurteilt, ihren Versicherungsnehmern nur noch auf deren ausdrücklichen Wunsch veränderte Verträge zukommen zu lassen. »Die Beklagte hat durch die Übersendung geänderter Versicherungsscheine ihre Versicherungsnehmer überrumpelt und fehlerhaft, ohne Vorliegen irgendwelcher von ihren Versicherungsnehmern gesetzter Anknüpfungstatsachen, deren Einverständnis zu der Vertragsänderung unterstellt«, stellte das Gericht fest. Die HUK muss jetzt Richtigstellungsschreiben an die betroffenen Kunden senden und die eventuell schon bezahlten Mehrbeiträge erstatten. Dem Bund der Versicherten wurde vom Gericht eine Überprüfungsgelegenheit zugestanden. Der Sachverhalt: Die Versicherung bietet beihilfeberechtigten Personen wie Beamten und deren Angehörigen Krankenversicherungsschutz an. Ersetzt werden Kosten, die über die Beihilfe nicht bezahlt werden. Auf Grund von Änderungen im Beihilferecht (höhere Selbstbehalte) hatte die HUK-Coburg Krankenversicherung AG ihren Kunden ohne einen von diesen gestellten entsprechenden Antrag einfach geänderte Versicherungsscheine zugesandt. Angesichts von Einsparungsmaßnahmen der Länder und Gemeinden hatte nämlich der Bayerische Landtag im Juli 2003 die Beihilfe-Vorschriften abgeändert und einen Selbstbehalt in Höhe von 25 Euro auch für die Wahlleistung »Arzt« beschlossen. Im Fall einer stationären Krankenhausbehandlung war nun bei Behandlung durch den Chefarzt (Wahlleistung) dieser Selbstbehalt zu zahlen. Daraufhin versandte die HUK die veränderten Versicherungsscheine mit zusätzlicher Krankenhaustagegeld- und höherer Versicherungsprämie. Wirksam werden sollten die neuen Kontrakte, wenn die Versicherten nicht bis zu einer bestimmten Frist widersprechen. Diese Vorgehensweise ist unzulässig!

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