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»Ein Gestalter deutscher Geschichte«

Gedenken zu Richard Scheringers 100.

  • Nikolaus Brauns
  • Lesedauer: 2 Min.
Zum Gedenken an den Rebellen, Bauern und Offizier Richard Scheringer, der am 13. September 100 Jahre alt geworden wäre, strömten am Sonnabend über 500 Menschen auf den Dürrnhof im bayerischen Markt Kösching bei Ingolstadt.
DKP-Mitglieder mit Hammer und Sichel am Revers saßen Bauern im Trachtenjanker gegenüber. Über dem Büchertisch eine Che-Guevara-Fahne; Jagdbläser spielten auf. Eine Scheune diente als Kinosaal für den 1979 von Karl Gass für das DDR-Fernsehen gedrehten Film »Der Leutnant vom Ulm«. Großer Andrang herrschte im »Austraghäusel«, wo Richard und Marianne Scheringer ihren Lebensabend verbrachten. Eine Bibliothek mit marxistischer Literatur erinnert daran, dass Richard Scheringer bis zu seinem Tod 1986 unermüdlich aktiv blieb. Zur Feier waren auch viele der 11 Kinder, 31 Enkel und 36 Urenkel gekommen. »Einen Gestalter der deutschen Geschichte« nannte Johann Scheringer seinen Vater. Und CSU-Bürgermeister Max Schöner würdigte Scheringer, als »große Köschinger Persönlichkeit« mit breiter Akzeptanz in allen Schichten der Bevölkerung. Zehn Jahre vertrat Richard Scheringer die DKP im mehrheitlich schwarzen Gemeinderat. Zum Verständnis für dieses »weltanschaulich nicht leicht zu erklärende Wahlverhalten der Köschinger Bürger«, zitierte der Bürgermeister aus Scheringers Autobiografie: »Die Nächstenliebe. Das war die Stütze unserer Freundschaft mit den Bauern, die damals entstand und die gehalten hat bis auf den heutigen Tag.« Eva Bulling-Schröter, Landesvorsitzende der PDS, nannte Richard Scheringer ihren »politischen Ziehvater«. Walter Listl vom Landesvorstand der DKP sagte: »Richards Andenken zu bewahren, heißt heute, seine Stimme zu erheben gegen Ausbeutung und Krieg.« Mit Einfühlungsvermögen schilderte der Historiker Werner Bramke Scheringers Weg von der Schwarzen Reichswehr über die Verurteilung wegen nationalsozialistischer Unterwanderung des Offizierskorps 1930 bis zum spektakulären Übertritt zur KPD während der Festungshaft 1931. »Scheringer hat in einer Schicksalsstunde Deutschlands eine Grenzüberschreitung gewagt. Und er verband mit der Nation nicht Ausgrenzung, sondern Integration und internationale Solidarität«, so Bramke.

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