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Laudatio auf einen Totgesagten

  • BERND KAMMER (Text) und BURKHARD LANGE (Fotos)
  • Lesedauer: 3 Min.

Kirsten Heidler vor ihrem Studienobjekt

Ein Jubilar hinter Gittern - bei der Geburtstagsparty am Sonnabend mit Hunderten Besuchern auf dem Schloßplatz war nicht zu übersehen, was seine Fans fordern

der Volkskammer aus ihrem Palastdomizil ins benachbarte ZK-Gebäude. Die Republik konnte so ihren Palast rechtzeitig schließen, bevor sie sich zwei Wochen später selbst (an)schloß. Daß nach der Stilllegung des Hauses sofort seine Sanierung beginnen sollte, war dann schnell vergessen.

Die meisten Leute, die es weghaben wollen, haben es noch nie in voller Aktion erlebt, ist die Erfahrung von Kirsten Heidler. Sie sehen den rund 500 Millionen Mark teuren Kraftakt sozialistischer Baukunst nicht als „Heimstatt für Kultur und Frohsinn werktätiger Menschen“, wie E. H. 1973 bei der Grundsteinlegung prophezeite, sondern bestenfalls als „Mehrzweckgebäude mit Ehrentribüne“ Aber seit der Eröffnung gingen mehr als 21 000 Shows, Konzerte, Parties über die Bühne. Damit waren 90 Prozent der Öffnungszeit ausgefüllt, lediglich der Rest blieb Parteitagen, Volkskammersitzungen und ähnlichen Zwischenspielen vorbehalten, hatte der verstorbene Palast-Architekt Heinz Graffunder einmal ausgerechnet.

„Ich habe für meine Broschüre wirklich nach Negativstimmen gesucht, aber unter den Leuten, die schon mal im Palast waren, keine gefunden“, worüber die Palast-Forscherin schon ein bißchen verblüfft war „Beim Wort Palast fingen

alle an zu reden, egal ob aus Berlin oder Gera. Hier wurden Hochzeiten gefeiert und Geburtstage, Helga Hahnemann im Kessel Buntes bejubelt und im Sonderpostamt Sondermarken gestempelt. Tante Marta kleidete sich für ihren ersten Besuch völlig neu ein und war dann perplex, daß hier alle in normalen Klamotten rumliefen. Die meisten Leute hatten eine persönliche Beziehung zu dem Haus. So etwas kenne ich aus dem Westen gar nicht. Mit dieser Vielfalt an Veranstaltungen war es wohl ein richtiges Volkshaus.“

zerpflückten dabei auch die anderen Abrißargumente. Die hatten dann auch vor dem Petitionsausschuß des Parlaments keinen Bestand, der im September die Bundesregierung aufforderte, „nach Möglichkeiten einer sinnvollen Nutzung zu suchen“ - einstimmig.

Was die Abriß-Hardliner nicht beeindruckte. Jetzt geht's ihnen schon nicht mehr um Argumente. Berlins CDU-Fraktionschef Landowsky will „architektonische Umweltsünden wie den Palast beseitigen, egal, ob er verseucht ist oder nicht.“ Und für den Kanzler paßt der Palast nicht in eine „würdige architektonische Umgebung“. Um seinen Ansprüchen zu genügen, muß es schon ein Neubau mit der Fassade des Schlosses sein. Man gönnt sich ja sonst nichts.

Und so tickt der Abrißbeschluß vom 23. März 1993 weiter. Ungeachtet auch des Protestes von Bürgerinitiativen, die schon an die 80 000 Unterschriften für den Palast-Erhalt sammelten. Doch während Ex-Bauministerin Schwaetzer diese noch zur Kenntnis nahm, blockt Nachfolger Töpfer standhaft ab. Besonders mißtrauisch macht die Palaststreiter, daß mit ATD Tepasse jenes Ingenieurbüro mit der Planung der Asbestsanierung beauftragt wurde, das auch das Gutachten zur Schließung des Palastes lieferte. „Damit ist der

Abriß programmiert“, befürchtet Katrin Lompscher von der Initiative „Macht den Palast auf!“ Seine Art der Sanierung leiste dem erwünschten Kahlschlag Vorschub.

Rainer Tepasse will jede Asbestfaser aus dem Palast kratzen, was den bei Abrißfans beliebten Zahnstocher-Effekt hätte: Nur das Palast-Gerippe bliebe übrig, das man dann gleich mit entsorgen könnte. Jürgen Dieckmann, 1. Vorsitzender einer Vereinigung von Asbestfachleuten, liegt deshalb mit Tepasse seit Jahren im Clinch. „Es gibt intelligentere und billigere Sanierungsmethoden“, meint Dieckmann. „Der Asbest muß nur in einigen Bereichen vollständig entfernt werden, in anderen kann er durch Beschichten oder räumliches Trennen unschädlich gemacht werden.“ Ein Gutachten, das diesen Widerspruch klären sollte und von Frau Schwaetzer schon beauftragt war, wurde nach dem Regierungswechsel in Bonn schnell „vergessen“

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