Nach Ende der Reemtsma-Entführungjagd auf Täter
Multimillionär 33 Tage in Kellerverlies gefangen / Polizei sucht undichte „Foto-Stelle“ in eigenen Reihen
Hamburg (dpa/ND). Nach dem glücklichen Ende des spektakulären Entführungsdramas um den Hamburger Multimillionär Jan Philipp Reemtsma hat die Polizei am Wochenende die Jagd auf die Kidnapper eröffnet. Es soll ein Lösegeld von 100 000 DM ausgesetzt werden. Am Sonntag gab es noch keine heiße Spur von den mindestens drei Gangstern, die den Erben der Hamburger Zigarettendynastie entführt hatten. Einige von über 150 Hinweisen auf die Kidnapper seien aber
„ganz vielversprechend , hieß es aus Ermittlerkreisen. Eine rund lOOköpfige Sonderkommission sucht die Entführer, die mit dem Rekordlösegeld von 30 Millionen Mark auf der Flucht sind.
Reemtsma war nach 33 Tagen Gefangenschaft in einem Kellerverlies am Freitag kurz vor Mitternacht in Maschen bei Hamburg freigelassen worden, Rund 40 Stunden zuvor war bei Krefeld die Übergabe des Lösegeldes gelungen. Die Öffentlichkeit erfuhr erst nach der Freilassung
Reemtsmas von der Entführung. Die Täter hatten gedroht, ihr Opfer zu töten, wenn Polizei oder Medien eingeschaltet würden.
Nach Ermittlungen der Soko 962 hatten zwei maskierte Gangster Reemtsma am -Abend des 25. März bei seinem Haus überwältigt. Die Täter brachten ihr Opfer in einem Lieferwagen fort. Reemtsma konnte das Kennzeichen erkennen: In schwarzer Schrift standen auf gelbem Schild die Anfangsbuchstaben „FV“ oder „VF“. Solche Kenn-
zeichen gibt es in Großbritannien, Luxemburg und den Niederlanden. Hinweise erhoffen sich die Fahnder von . dem Tonbandmitschnitt eines Erpresser-Anrufes, der unter der Telefonnummer 01166 zu hören ist.
Nach zwei gescheiterten Geldübergaben in Maschen (3. April) und südlich von Trier (13./14. April) hatte Reemtsmas Frau Ann Kathrin Scheerer die Polizei aufgefordert, sich im Hintergrund zu halten. Berichte über ein Zerwürfnis zwischen Familie und
Polizei sowie über angebliche von der Polizei verschuldete Pannen wies die Hamburger Behördenspitze zurück.
Hamburgs Polizei sucht jetzt aber auch nach undichten Stellen im eigenen Bereich. Polizeibeamte sollen ein Foto des entführten Multimillionärs Jan Philipp Reemtsma an Zeitungen verkauft haben. Die Polizei habe interne Ermittlungen aufgenommen und Strafverfahren eingeleitet, sagte Polizeisprecher W'erner Jantosch am Sonntag.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.