Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

  • Politik
  • Brigitte Helm: Muse des Stummfilms starb in Ascona

Heilige Schönheit

  • Horst Knietzsch
  • Lesedauer: 2 Min.

Brigitte Helm

Foto: Archiv

Slatan Dudow, ein Barde des sozialistischen deutschen Films (»Kuhle Wampe«, »Unser täglich Brot«, »Stärker als die Nacht«, »Der Hauptmann von Köln«), bekam ein wissendes Glitzern in die Augen, wenn er von der eigenartigen Schönheit der Brigitte Helm sprach. Er hatte sie nicht nur in den zwanziger Jahren als Mitstudentin an Emanuel Reichers Schauspielschule in Berlin kennengelernt, sondern auch als Hospitant in den Babelsberg Studios, als Fritz Lang dort sein monumentales Drama »Metropolis« drehte. Brigitte Helm, die keine Ahnung von Schauspielerei besaß, war nach Probeaufnahmen von Lang für die Hauptrolle engagiert worden. Sein utopisches Märchen von der Überwindung der Widersprüche zwischen Kapital und Arbeit, hatte Brigitte Helm in der Doppelrolle eines lebendigen, empfindenden Menschen und der Maschine Maria II über Nacht zu einem Star des deutschen Stummfilms gemacht.

Es war aber auch dieser Film, der die Helm, gegen ihren Willen, in die Schablone einer heiligen Schönheit und Hure gepreßt hat. Da sich ihre schauspielerischen Fähigkeiten in Grenzen hielten, imponierte sie auf der Leinwand durch ihren statuarischen Glanz. Produzenten ge-

nehmigten ihr die gemäßigten Konturen eines deutschen Stummfilmvamps (»Abwege«, »Yacht der sieben Sünden«, »Skandal in Baden-Baden«, »Die Herrin von Atlantis«, »Die wunderbare Lüge der Nina Petrowna«).

Brigitte Helm war ein Kassenmagnet. In den Jahren 30/34 entstanden mit ihr 25 Spielfilme, unter anderem mit Jan Kiepura, Albert Bassermann, Willi Fritsch, Gustav Fröhlich, Jean Gabin, Rudolf Forster. Millionen Zuschauer hielten ihr die Treue. 1935 lief ihr Vertrag mit der UFA aus. Die Presse schoß sich, mit Erlaubnis von oben, nach einigen von ihr verursachten Verkehrsunfällen und einer kurzen Gefängnisstrafe auf sie ein. Daraufhin verabschiedete sie sich von dem Moloch Film, heiratete einen Industriellen. Am 12. Juni ist die am 17 März 1906 als Brigitte Eva Gisela Schittenhelm geborene Berlinerin in Ascona im Alter von 90 Jahren gestorben.

- Anzeige -

Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.

Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen

Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.