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  • Politik
  • Kleines Arschloch von Michael Schaack und Veit Vollmer

Wahnwitz mit Methode

  • Ute Jacob
  • Lesedauer: 2 Min.

Dem gezeichneten Titelheld hängt wie übrigens auch allen anderen Strichel-Protagonisten dieses erfrischend bösartigen Zeichentrickfilms - eine überdimensionale, kürbisförmige Nase aus dem Antlitz. Die aber hindert das zwölfjährige Altklug-Monster keineswegs daran, heftigst vor sich hin zu pubertieren und sich obendrein von Amors Pfeilen pieksen zu lassen. Obskures Objekt seiner frischerwachten sexuellen Begierden ist ausgerechnet die greise Rentnerin Inge Koschmidder, die er mit seinem ungestümen Balzverhalten dem Friedhof in rasendem Tempo ein Stückchen näher Bringt. Woran von ihm vorgetragene Sangespoesie wie »Ich bin jung, du bist alt, ich bin warm, du bist kalt, und während ich hier turne, wart' auf dich schon die Urne« wohl nicht ganz schuldlos sein dürfte.

Doch sein philosophisch experimenteller Umgang mit dem Leben bringt auch den Rest der Welt zumindest auf die Palme, wenn nicht gleich um den Restverstand. Egal, ob der Hund der Nachbarin aus wissenschaftlichen Zwecken mit LSDhaltiger Wurst abgefüttert oder der (natürlich ungewaschene) Slip des Schwesterleins zu Onanierzwecken verschachert wird: Hier herrscht eine genußvolle Art der political un-correctness, die man im deutschen Gutmenschen-Kino dieser Tage wohl kaum vermutet hätte. Absurde

Wahnwitzigkeiten wie Death-Metal-Songs zum Schock der Kirchengemeinde und türkische Folklore vor rechtsradikalen Skinheads werden hier ebenso hundsgemein-tückisch ins Betrachtervolk geworfen wie die schwarz-humorige Verarsche von Behinderten und Besitzern dunkler Hautfarbe. Nichts ist dem »kleinen Arschloch« (und mit ihm diesem Film nach den bekannten Comics von Walter Moers) heilig, und Tabus sind für ihn nur dazu da, um mit unschuldigem Gesichtsausdruck gebrochen zu werden.

Und genau darin besteht der wundervoll infame Trick der ganzen Chose: Nichts, aber auch gar nichts macht dieser Trickfilm-Bengel mit böser Absicht, alle Wahnwitzigkeiten und Gemeinheiten sind bloß seiner unendlichen Naivität geschuldet. Der wohl Einzige (von schadenfrohen Kinozuschauern mal abgesehen), der mit der unbekümmerten Bösartigkeit des »kleinen Arschlochs« keinerlei Probleme hat, ist sein Opa (übrigens wunderbar pointiert von Helge Schneider gesprochen bzw. gekrächzt), der von ihm ständig im Rollstuhl auf den Friedhof gekarrt wird, um ihm seine zukünftige Ruhestätte schon mal ein bißchen näherzubringen. Was für'n Arsch, dieses Arschloch - aber ein durchaus liebenswertes. Gibt er uns doch die Möglichkeit, alle in uns schlummernden Gemeinheiten zumindest anderthalb Stunden lang ausleben zu können, ohne uns schuldig fühlen zu müssen. Ganz nach dem Motto: Ich war's nicht - der da ist's gewesen!

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