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Schlechter Krimi mit miesen Typen

Prozeß Zuhälter stehen wegen Mord vor Gericht / Ermittler im Zwielicht Von Peter Liebers, Erfurt

  • Lesedauer: 4 Min.

Vor dem Erfurter Landgericht sind derzeit zwei Russen und ein Ukrainer angeklagt, einen Türken auf offener Straße mit 23 Schüssen aus einem automatischen Gewehr regelrecht hingerichtet zu haben. Opfer wie Täter stammen aus dem Rotlichtmilieu und hatten sich zuvor schon heftig bekämpft. Ein erster Mordversuch war gescheitert.

Der Fall wäre der Beachtung nicht wert, hätte die Verhandlung nicht merkwürdige Verbindungen zu den Ermittlern des Landeskriminalamtes (LKA), zu Immobilien- und Finanzmaklern, vor allem aber Ermittlungspannen sichtbar gemacht. Die dubioseste Rolle spielt dabei der ehemalige Chefermittler des LKA, Ulrich Sporkmann. Der war plötzlich verschwunden, als er als Zeuge benötigt worden wäre. Später kam aus Worms die Nachricht, daß der von LKA-Chef Uwe Kranz inzwischen gefeuerte Sonderkom-

missionschef dort verhaftet worden war, weil er eine hohe Geldstrafe wegen Steuerhinterziehung nicht bezahlt hatte. Jetzt ermittelt die Geraer Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen Betrugs.

Zeugen haben ihn und weitere Polizisten schwer belastet. Die seien erst als Ermittler und später als Kunden in den Etablissements des horizontalen Gewerbes erschienen. Überdies habe die türkische Gang, zu der der Tote gehörte, aus Polizeikreisen Hinweise auf Razzien erhalten. Die Polizei soll einem Zeugen zufolge sogar dafür gesorgt haben, daß ein deutscher Lude sein Bordell rechtswidrig zurückerhielt, das er den Türken verkauft hatte.

Das hätte sich leicht mit dem Verweis auf die Unglaubwürdigkeit der in krumme Touren verwickelten Zeugen abtun lassen, wären nicht parallel dazu eklatante Schlampereien des LKA ruchbar geworden. Da tauchte Wochen nach Prozeßbeginn plötzlich ein Aktenordner mit Protokollen auf, der im LKA nachträglich »gefunden« worden war. Jüngst stellte

die Verteidigung fest, daß das Datum von Vernehmungen nicht mit dem der Protokolle übereinstimmte. Zu allem Überfluß berichtete jetzt ein Nachrichtenmagazin unter Berufung auf ein Aktenblatt der Polizei, daß diese vorab Informationen über den geplanten Mord und die Täter erhalten habe. Damit wurden Zeugenaussagen bestätigt.

Die Beweislage ist für das Gericht hauchdünn und der Ausgang des Verfahrens völlig ungewiß. Allerdings hat es seit langem gehegte Vermutungen genährt, daß der Thüringer Immobilienmarkt von Kreisen des organisierten Verbrechens zum Geldwaschen genutzt wird. Weil er Schulden bei den Türken hatte, bändelte ein Immobilienmakler zu seinem Schutz mit den jetzt Angeklagten an, die in der Nähe von Erfurt einen Nachtklub für knapp vier Millionen Mark bauen wollten. Das Vorhaben scheiterte aber an Geldmangel. Daß der inzwischen bankrotte Immobilienmakler, der sich Zeugenaussagen zufolge mit besten Kontakten zu höchsten Stellen der Stadt Er-

furt und Optionen auf städtische Grundstücke gebrüstet hat, bei einem Finanzmakler schon wieder um einen Millionenkredit baggert, läßt vermuten, daß er im Geschäft bleiben möchte.

Inzwischen wurde eine Sonderkommission »Hecht« gebildet, die dem Polizeipräsidium untersteht und die Verstrickungen der Polizei untersuchen soll. Damit kreuzen sich nun im Sumpf des Thüringer Rotlichtmilieus die Wege der Ermittler mit denen der gegen sie ermittelnden Kollegen. Die CDU nutzte die günstige Gelegenheit für Angriffe auf Innenminister Richard Dewes (SPD) und bombardierte ihn mit parlamentarischen Anfrage, übersah dabei aber offenbar, daß die umstrittenen Personalentscheidungen bei der Polizei noch unter CDU-Innenministern getroffen wurden.

Nach wochenlangem Gezerre mußte Dewes schließlich seinen LKA-Chef opfern. Das Problem ist damit längst nicht gelöst, mußte Dewes doch einräumen, seit längerem von einer »undichten Stelle« in der Polizei gewußt zu haben. Das

ist offenbar aber nicht der einzige Schwachpunkt. Inzwischen ermittelt auch das Justizministerium, um herauszufinden, warum prozeßwichtige Akten bei der Staatsanwaltschaft in Gera schmorten. Der Vorsitzende Richter, Frieder Liebhard, sieht das Verfahren schon gefährdet, wenn »das so weiter geht«. Zu den diversen Ungereimtheiten will die PDS-Fraktion im Thüringer Landtag demnächst den Innenminister befragen. Sollten dessen Antworten keine ausreichende Aufklärung geben, erwägt die PDS, einen Untersuchungsausschuß zu beantragen.

Hinter vorgehaltener Hand wird in Polizeikreisen übrigens Genugtuung darüber deutlich, daß es ausgerechnet die hochgelobten Westimporte sind, die ins Zwielicht geraten. Schließlich waren bei dem Postenschacher der zurückliegenden Jahre auch unbelastete, hochqualifizierte Polizisten, deren Laufbahn in der Volkspolizei der DDR begonnen hatte, »übersehen« worden. Daß für den Verrat polizeilicher Dienstgeheimnisse jetzt ausgerechnet vormalige Volkspolizisten verantwortlich sein sollen, die inzwischen bei Sicherheitsdiensten tätig sind, paßt in das gängige Schema von Gut und Böse, das von der Praxis allerdings zunehmend ad absurdum geführt wird.

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