Entschädigung der Grundstücksnutzer nach eigener Kündigung?

  • Lesedauer: 5 Min.
Kündigt der Nutzer eines Wochenendgrundstücks seinen Nutzungsvertrag - hat er dann einen Entschädigungsanspruch, wenn der Verkehrswert des Grundstücks durch Umwandlung in Bauland gestiegen ist? Muss Entschädigung gezahlt werden, wenn Telefonanschluss im Bungalow, Brunnen mit Trinkwasserqualität, Stromanschluss geschaffen wurden? Welcher Entschädigungsanspruch besteht, wenn der Grundstückseigentümer den Bungalow an einen neuen Nutzer weiterverpachtet?
Udo R., 13187 Berlin

Aus Altersgründen habe ich mein Pachtgrundstück gekündigt. Es wurde damals geteilt. Nun will der Pächter des vorderen Teils das ganze Grundstück pachten. Er übernimmt damit auch alle Aufbauten. Ein Abriss wurde von mir nicht verlangt. Ich müsste eine Entschädigung erhalten. Ist der Verkehrswert des Grundstücks auch erhöht, wenn der Nachnutzer die gleiche Pacht wie ich bezahlen muss?
Peter F., 10407 Berlin

Nach § 11 Schuldrechtsanpassungsgesetz (SchuldRAnpG) geht das nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik begründete, fortbestehende Eigentum an Baulichkeiten mit der Beendigung des Vertragsverhältnisses auf den Grundstückseigentümer über. Für den Fall, dass das Vertragsverhältnis durch den Grundstückseigentümer gekündigt wird, schuldet dieser Ersatz für das Bauwerk nach dem Zeitwert bei der Rückgabe des Grundstücks (§ 12 Abs. 2 SchuldRAnpG), wobei unter dem Begriff des Bauwerkes auch die Grundstückseinrichtungen und die Anpflanzungen zu subsumieren sind.
Zu einer solchen klaren Regelung hat sich der Gesetzgeber für den Fall der Kündigung durch den Nutzer trotz erheblicher Interventionen auch des Deutschen Mieterbundes in den Anhörungen nicht durchringen können. Insoweit gilt, dass der Nutzer nur soweit eine Entschädigung verlangen kann, als der Verkehrswert des Grundstücks durch das Bauwerk (die Grundstückseinrichtungen und Anpflanzungen) zum Zeitpunkt der Rückgabe erhöht ist (§ 12 Abs. 3 SchuldRAnpG).
Der Gesetzgeber hat vermieden, zu definieren, wann der Verkehrswert des Grundstückes durch die Investitionen des Nutzers in Baulichkeiten und Grundstückseinrichtungen erhöht ist. In der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zum SchuldRAnpG ist ausgeführt: »Eine vom Nutzer herbeigeführte Werterhöhung kann grundsätzlich nur insoweit Entschädigungspflichten nach sich ziehen, als dem Grundstückseigentümer nach Vertragsbeendigung tatsächlich noch ein für ihn realisierbarer Wert zufließt. ... Eine Werterhöhung liegt z. B. vor, wenn ein in ordnungsgemäßem Zustand befindliches Wochenendhaus auf einem Grundstück errichtet worden ist, das auch nach Vertragsbeendigung zu Erholungszwecken genutzt werden soll. Ist jedoch eine Änderung der Nutzungsart zulässig - etwa die Errichtung eines Betriebsgebäudes auf einem Erholungsgrundstück - erhöht ein dem ursprünglichen Nutzungszweck dienendes Bauwerk den Verkehrswert des Grundstückes in der Regel nicht (BT-Drs. 12/7135, S. 47)«.
Die bestehende Rechtslage hat dazu geführt, dass - wenn die gütliche Einigung des Nutzers mit dem Grundstückseigentümer nicht möglich war - relativ wenige Auseinandersetzungen gerichtsanhängig geworden sind. Durch die Rechtsprechung ist m. E. bis dato nicht hinreichend bestimmt, was unter einer Erhöhung des Verkehrswertes durch das Bauwerk im Zeitpunkt der Rückgabe zu verstehen ist.
Grundsätzlich stehen mögliche Entschädigungsansprüche der Nutzer nicht in Frage, der Grundeigentümer muss mit Entschädigungsansprüchen des Nutzers auch im Zusammenhang mit dessen Kündigung des Vertragsverhältnisses rechnen (BGH, VIZ 2003, 298).
Darüber hinaus scheint unstreitig zu sein, dass eine Entschädigung dem Nutzer dann zukommt, wenn der Grundstückseigentümer aus dem Bauwerk (den Grundstückeinrichtungen und Anpflanzungen) einen materiellen Vorteil erzielen kann. Dies wäre bei der Weiterverpachtung des Erholungsbaus zu einem erhöhten Pachtzins der Fall, wobei es dabei nicht darauf ankommen soll, ob es sich beim Bauwerk um einen »Schwarzbau« handelt (Amtsgericht Cottbus, Grundeigentum 1996, S. 1121).
Nach einer jüngeren Entscheidung des Landgerichts Potsdam besteht ein Entschädigungsanspruch auch dann, wenn der Grundstückeigentümer durch die vorhergehende Bebauung durch den Nutzer nach der Rückgabe des Grundstückes trotz bestehender Veränderungssperre rechtmäßig ein Einfamilienhaus errichten konnte (Urteil vom 26. November 2004, Az. 6 S 24/03).
Das Landgericht Berlin hat einen Entschädigungsanspruch auch bei gewerblichen Zwecken dienenden Bauwerken gesehen, die als Bootssteg Grundstückseinrichtungen im Sinne des Gesetzes sind. Dabei ist unter der Errichtung eines Bauwerkes nicht nur der Neubau zu verstehen, sondern auch Maßnahmen an einem vorhandenen Bauwerk, die nach Art und Umfang einer Neuerrichtung gleichkommen - wie die Ersetzung eines vorhandenen, reparaturbedürftigen Bootsstegs durch eine darüber hinausgehende Stahlkonstruktion (ZMR 2002, S. 50).
Allerdings darf auch nicht verkannt werden, dass die Rechtsprechung unter Hinweis auf die amtliche Begründung (»tatsächlich noch ein für ihn realisierbarer Wert«) dem Grundstückseigentümer ein »subjektives« Bestimmungsrecht zugebilligt hat. Eine Entschädigung soll nur dann geschuldet sein, wenn die Aufbauten für ihn subjektiv verwertbar sind. Ein aufstehendes Wochenendhaus soll für den Eigentümer subjektiv nicht verwertbar sein und damit keine entschädigungspflichtige Werterhöhung darstellen, wenn der Eigentümer das Grundstück zukünftig für eine Wohnhausbebauung nutzen will (LG Potsdam, VIZ 2002, S. 244).
Nach den verfügbaren Entscheidungen dürfte der Nutzer eine Entschädigung für die Umwandlung von Naherholungs- in Bauland nur dann beanspruchen können, wenn die »Umwandlung« (baurechtlich zulässige Nutzung) seinen Aufwendungen geschuldet ist. Grundstückseinrichtungen im Sinne der Erschließung des Grundstückes mit Strom, Wasser, Abwasser, Gas und/oder Telefon dürften regelmäßig einen materiellen Vorteil für den Grundeigentümer darstellen. Die entsprechenden Aufwendungen sind nicht von ihm erbracht worden; gleichwohl fließt nun der materielle Vorteil aus der Erschließung dem Grundeigentümer über die Eigennutzung oder die Verpachtung zu.
Insgesamt bleibt jedem Nutzer anzuraten, sich vor einer eigenen Kündigung des Vertragsverhältnisses in geeigneter Weise rechtlich beraten zu lassen.

Dr. MATTHIAS BLUNERT,
Geschäftsführer der Vereinigung der Mieter, Nutzer und selbst nutzenden Eigentümer »Der Teltow« im Deutschen Mieterbund

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