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»Jubiläumszuwendung« - kein Rechtsanspruch
Das wurmte einen Angestellten (Jahreseinkommen: 50617 Euro) mächtig, weil er am 1. April 2002 sein 25-jähriges Dienstjubiläum feierte. Dass er kein Jubiläumsgeld bekomme, verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, hielt er dem Arbeitgeber vor. Bislang sei diese Zuwendung im Unternehmen »üblich« gewesen, also stehe sie ihm auch zu. Der Jubilar zog vors Arbeitsgericht, doch ohne Erfolg. Aus einigen wenigen Zahlungen dieser Art könnten die Mitarbeiter nicht ableiten, dass der Arbeitgeber diese Leistung dauerhaft gewähren wird.
Auch eine Ungleichbehandlung sei hinzunehmen, wenn es dafür einen einleuchtenden, sachlichen Grund gebe. Und so sei es hier. Der Arbeitgeber habe Gewinn- und Verlustrechnungen für die Jahre 2000 und 2001 vorgelegt. Seine Finanzprobleme rechtfertigten es, die Zahlung freiwilliger Sozialleistungen zu beenden. Und mit Blick auf die Akzeptanz bei den Arbeitnehmern habe das Unternehmen ein berechtigtes Interesse daran, die Sozialleistungen einheitlich an einem festgelegten Stichtag zu streichen.
Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Juli 2004 - 10 AZR 79/04
Teilzeitarbeit: Müssen Überstunden bezahlt werden
Überstunden teilzeitbeschäftigter Lehrerinnen müssen nach einem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts voll bezahlt werden. Damit gab das Gericht der Klage einer verbeamteten Teilzeit-Lehrerin auf Zahlung einer höheren Vergütung für zusätzliche Unterrichtsstunden statt. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde zugelassen.
Hintergrund ist laut Gericht, dass die Schulverwaltung teilzeitbeschäftigten Lehrkräften bei Mehrarbeit nicht eine entsprechend erhöhte Lehrerbesoldung gewährt, sondern nur die geringere pauschale Vergütung. Das Gericht wertet das als Verstoß gegen Gebot der gleichen Entlohnung von Männern und Frauen nach Artikel 141 des EG-Vertrages. Da bei den Lehrkräften mehr Frauen als Männer teilzeitbeschäftigt sind, führe die unterschiedliche Vergütung im Verhältnis zu einem vollzeitbeschäftigten Lehrer zu einer Diskriminierung von Frauen. Das sei sachlich nicht zu rechtfertigen. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Zahlung einer anteiligen Vergütung der Mehrarbeit, die ihrer Besoldung entspricht.
Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts - Az.: VG 7 A 192.01
Versetzung auch für Schwerbehinderte?
Auch schwerbehinderte ältere Arbeitnehmer müssen betriebsbedingte Versetzungen in eine andere Stadt akzeptieren, wenn sie nicht ihren Arbeitsplatz verlieren wollen. Das geht aus einem kürzlich bekannt gewordenen Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt/ Main hervor. Die Richter wiesen damit die Klage einer Referentin gegen einen Fürsorgeverein zurück. Sitz und Geschäftsstelle des mit öffentlichen Geldern getragenen Vereins waren von Frankfurt nach Berlin verlegt worden. Die 110 Beschäftigten erhielten Änderungskündigungen, mit denen sie nach Berlin versetzt wurden. Die schwerbehinderte Arbeitnehmerin akzeptierte die Versetzung jedoch nicht. Wegen ihrer gesundheitlichen Beschwerden und ihres Alters sei ihr ein Umzug nicht zuzumuten, argumentierte sie.
Laut Urteil müssen auch Schwerbehinderte eine Versetzung hinnehmen, wenn es aus betriebsbedingten Gründen keine Alternative für sie gibt. Eine weit reichende Versetzung sei immer noch milder für den betroffenen Arbeitnehmer als eine Entlassung und die damit verbundene Arbeitslosigkeit. Nachdem die Frau die Versetzung abgelehnt hatte, erklärte das Gericht ihr Arbeitsverhältnis für beendet.
Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt/Main - Az.: 22/5/4 Ca 1997/04
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