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  • Politik
  • Zum 70. Geburtstag des Filmregisseurs Siegfried Hartmann

Zwischen Feuerzeug und Rosenrot

  • Lesedauer: 3 Min.

Von Ralf Schenk

Sein dritter Film war mein erster. Ich erinnere mich noch genau der Erzählungen meines Großvaters, der mich, den damals Vierjährigen, bei meinem Kinodebüt begleitet hatte. Gespielt wurde »Hatifa«, die Geschichte eines Sklavenmädchens, das aus einem Steinbruch flieht und auf einer Galeere in ein fernes Land gebracht werden soll. An einer besonders spannenden Stelle des Films wollte ich nicht mehr weiter zusehen. Daß der böse Sklavenhändler die Oberhand gewinnt, hätte ich kaum verkraftet, also zog ich meinen Opa an die frische Luft. Das war 1960. Später lernte ich, daß in einem DEFA-Film die Unterdrückten immer gewinnen, so oder so. Ich hätte also durchaus sitzenbleiben können, denn der Seeräuber Zadok, der Hatifa schließlich befreit, entpuppte sich sogar als ihr leiblicher Vater

Regie führte Siegfried Hartmann, der heute 70 Jahre alt wird. Es war, wie gesagt, sein dritter Spielfilm. Als er ihn drehte, galt er bei der DEFA schon als alter Hase. Zwischen 1949 und 1951 war er, der Sohn eines Milchladenbesitzers aus dem Schlesischen, ins DEFA-Nachwuchsstudio aufgenommen worden, hatte gemeinsam mit Egon Monk, Walter Beck und Janos Veiczi Regie studiert. Danach folgten einige Assistenzen, bei Kurt Maetzig, Slatan Dudow und Wolfgang

Staudte. An dessen Seite war Hartmann an der »Geschichte vom kleinen Muck« (1953) beteiligt, und vielleicht ist es gerade diese Erfahrung gewesen, die ihn bewog, später selbst Kinderfilme zu inszenieren. Sein Debüt »Fiete im Netz« (1958) erfuhr wegen »mangelnder Zeitbezogenheit«, herbe, ideologische Schelte. Dann folgte »Das Feuerzeug« (1959) nach dem gleichnamigen Märchen von Hans 'Christian“Andersen, vielleicht der schönste, sicher aber der berühmteste Film Siegfried Hartmanns.

Ein Glücksgriff war die Besetzung des armen Soldaten, der die holde Prinzessin zur Frau gewinnt, mit dem listig.-komödiantischen Rolf Ludwig. Und mit den drei riesenhaften Hunden, die plötzlich in der Szene auftauchen und Gold- und Silberschätze bewachen, bewies der Altmeister des Babelsberger Filmtricks, Ernst Kunstmann, noch einmal sein Können. Auch »Hatifa«, nach der gleichnamigen Erzählung von Willi Meinck, überzeugte trotz seiner Didaktik die kindlichen Zuschauer, und kaum jemand störte sich daran, daß die antiken Kulissen aus Pappmache kräftig im Winde wackelten. Hartmanns Erfolgsfilme waren immer die für Kinder, und mit der »Goldenen Gans« (1964) und »Schneeweißchen und Rosenrot« (1979) gelangen ihm noch einmal zwei Märchenklassiker: konventionell, aber gediegen.

Dieses Glück hatte er mit dem Kino für Erwachsene leider nicht. Arbeiten wie

das Lustspiel »Das verhexte Fischerdorf« (1962) mit Horst Drinda und Lutz Jahoda, das gerade an der Ostsee gedreht wurde, als man in Berlin die Mauer baute, oder der Krimi »12 Uhr mittags kommt der Boß« (1968) mit Rolf Herricht blieben marginal. Hartmann arbeitete auch fürs -Fernsehen; als er später.aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr Regie führen konnte, verfaßte er Drehbücher oder dachte über Stoffe nach. Unter anderem über einen, der eng mit existentiellen Erlebnissen seiner Jugend zu tun hatte: der Umsiedlung von Hunderttausenden aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten. Dieses Projekt wäre übrigens neben einem frühen Versuch, Artur Pohls 1949 gedrehter »Brücke«, der einzige DEFA-Film gewesen, der sich diesem in der DDR tabuisierten Thema angenommen hätte. Es kam nicht zustande.

Nach 1990, so erzählte Hartmann unlängst einem Kollegen, habe er von westdeutschen Produzenten zwei vage Angebote erhalten. Sie waren verbunden mit der Bemerkung, man kenne ihn zwar überhaupt nicht, man wisse auch nicht, was für Filme er gemacht habe, nur daß er welche gemacht habe. »Zeigen Sie uns mal was auf Kassette.« Hartmann antwortete in einer Mischung aus Trotz und Überlegenheit: »Ich kenne Sie auch nicht, ich weiß auch nicht, was Sie gemacht haben. Haben Sie Kassetten zu zeigen?« - Herzlichen Glückwunsch!

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