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Zulauf zu GST und FDJ-Ordnungsgruppen

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Der Rekrut war von Beginn an der Truppe mit Herz und Hand ergeben. Zur Belohnung durfte er mit fünf anderen bei der feierlichen Vereidigung die Regimentsfahne vor dem Kommandeur halten und im Namen aller Neuankömmlinge den Fahneneid leisten. Die Hand mit der SS-Rune erhoben. Seine Eberswalder Kumpels hatten nach dem NF-Verbot einige Probleme beim Bezug der Propagandaschriften. Armin in Fünfeichen nicht, in der Kaserne kam alles an. Dort wurde unter den Soldaten getauscht und gehandelt - die Warenpalette reichte dabei vom »SS-Leitheft« bis zur angeblich direkt aus dem Kroatienkrieg importierten Pistole vom Kaliber 9 mm.

Armin ist gewiß kein Einzelbeispiel. Spätestens nach dem Überfall rechter Gruppen auf das Punkkonzert in der Berliner Zionskirche im Oktober 1987 und der darauf folgenden undifferenzierten Kriminalisierungs-und Prozeßwelle kam es zum Umschlag in eine neue Qualität. Sie war gekennzeichnet durch Ablegen wesentlicher Teile des szenetypischen Outfits, erhöhten Ideologisierungsgrad und verstärkte Militanz. Zum letzterem zählten Wehrsportübungen mit Überfällen auf Campingplätze, Waffenbeschaffungsaktionen auf den ehemaligen Schlachtfeldern, besonders im Bereich Teupitz/ Halbe und auf den Seelower Höhen, und nicht zuletzt der Marsch durch Ordnungsgruppen und bewaffnete Organe.

In FDJ-Ordnungsgruppen tauchten schlagbereite Scheitelträger auf, die Gesellschaft für Sport und Technik (GST) konnte sich über Mitgliederzuwächse freuen, die Reihen der Bereitschaftspolizei füllten sich mit rechten Anwärtern. Völlig unerwartete freiwillige Helfer der Volkspolizei boten Abschnittsbevollmächtigten ihre Dienste bei der Herstellung von Ruhe und Ordnung im Wohngebiet an, kleine Kommandos vom SA-Typus kümmerten sich um die »Sonderbehandlung« von Feinden (Andersdenkende, -aussehende, Vertreter von Reli-

gionsgruppen, Jugendsubkulturen,

Schwule und vermeintliche Asoziale). Die Klassen der zukünftigen Berufsunteroffiziere (BUBs) und Berufsoffiziere (BOBs) färbten sich zunehmend braun.

Der Wehrdienst in der NVA bekam eine neue Bedeutung für die jungen Rechtsextremisten: Wehrertüchtigung, waffentechnische Qualifizierung, Bildung eigener militärischer Führungseliten, möglichst mit Spezialausbildung, sollten den militärischen Arm der Bewegung formieren helfen. Ziel: Die Umgestaltung der Gesellschaft, allerdings nicht in Richtung parlamentarischer Demokratie bundesdeutscher Provinienz, sondern hin zu einem Nationalen Sozialismus in den Farben der DDR.

Auch hohe Offiziere der NVA machten aus ihrer Position keinen Hehl. Der stellvertretende Landesvorsitzende der Republikaner in Brandenburg, Oberst Hermann Flemmig (»Politisches Engagement: Für Ordnung und Sicherheit«), Absolvent sowjetischer Militärakademien und bis zur Auflösung der NVA im Verteidigungsministerium in Strausberg, sprach in Eisenhüttenstadt 1993 über seinen nationalistischen Offizierszirkel, der sich schon in den 80ern legal als »AG Preußische Geschichte« unter dem Dach des Kulturbundes der DDR traf.

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