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  • Politik
  • l Edinbur g h Das Badehaus

der Maria Stuart

  • Hans Seifert
  • Lesedauer: 4 Min.

Wir hatten so viel von Schottlands bildschöner Hauptstadt gehört, daß wir sie kürzlich aufsuchten. Und es scheint eine Menge Leute zu geben, die sich von Edinburgh ebenfalls angezogen fühlen, denn im Vereinigten Königreich hat nur London mehr Besucher zu verzeichnen. Besonders zwischen Mitte August und Anfang September ist das der Fall, wenn mit rund 2000 Veranstaltungen und zwei Millionen Gästen das berühmte Edinburgh-Festival stattfindet. Dann allerdings wird es ziemlich eng in der Stadt am Firth of Forth.

Ein Schottlandkenner hatte uns versichert, diese Stadt sei ein großes Erlebnis für alle, die sich für schottische Geschichte und Kultur interessieren. An Ort und Stelle konnten wir feststellen: Der Mann hatte keineswegs übertrieben. In Edinburgh wimmelt es nur so von mittelalterlichem Gemäuer, Monumenten und Gedenktafeln, die an eine äußerst bewegte Vergangenheit erinnern.

Anstandshalber begannen wir mit unserer Stadtbesichtigung in Edinburgh Castle, denn diese weiträumige Burganlage ist das Wahrzeichen der schottischen Metropole. Es erhebt sich auf einem 115 Meter hohen, nach drei Seiten steil abfallenden Felsen, macht einen gewaltigen Eindruck und ist mit seinen Mauern und dicht gedrängten Gebäuden eine Stadt für sich. Man könnte hier aus dem Besichtigen nicht mehr herauskommen, doch wir beschränkten uns darauf, die riesige, immer von Touristen umlagerte Kanone Mons Mag zu bewundern, im Crown Room des Schlosses die schottischen Kroninsignien zu betrachten und einen Blick in das winzige Zimmerchen zu wer fen, in dem 1566 Jakob VI. zur Welt kam, der Sohn Maria Stuarts. Erstaunlicher weise ist diesem Jakob im Gegensatz zum Schicksal seiner Familie ein früher und unnatürlicher Tod erspart geblieben.

Auf den beiden Geschützplattformen genossen wir danach die herrliche Aussicht auf die Stadt und darüber hinaus auf den Firth of Forth, der in der Oktobersonne wie ein blaugrüner Edelstem funkelte.

Quasi zu Füßen von Edinburgh Castle breitet sich New Town aus, die Neustadt, die in Expertenkreisen als Musterbeispiel für die Städtepjanung des 18. Jahrhunderts gepriesen wird. Und in der Tat. Edinburghs New Town kann sich durchaus sehen lassen mit ihren schnurgera-

den, rechtwinkligen Straßen, den noblen Gebäuden im georgianischen Stil sowie den großzügig angelegten Plätzen und Parks. Hauptanziehungspunkt ist zweifellos die Princes Street, Flanier- und Geschäftsmeile der schottischen Metropole. Hier wirbt das ehrwürdige Kaufhaus Jenners mit dem Slogan: »New York hat Bloomingdales, London hat Harrods, Edinburgh hat Jenners!« Wir waren drinnen und stellten fest. Die reinste Pfund-Grube.

Es gefiel uns gut in der Princes Street! Vor allem, weil man sich nach dem stressigen Einkaufstrubel im gegenüberliegenden Princes Street Gardens wunderbar erholen kann. Unter hohen Bäumen, die nur von der Spitze des Scott-Monuments überragt werden.

Wie es heißt, kommen zahlreiche Touristen eigens nach Edinburgh, um den Palast Holyrood zu besichtigen, in dem Maria Stuart als schottische Königin residierte. Heute residiert hier während ihrer Schottland-Aufenthalte die Queen, und dann ist der Palast für die werte Öffentlichkeit vorübergehend geschlossen. Wir gingen durch prunkvoll eingerichtete Gemächer und betrachteten im großen Saal die Porträts der mehr als hundert schottischen Könige, von denen es allerdings nur die wenigsten geschafft haben, bedeutungsvoll in die Geschichte einzugehen.

Unweit, aber schon außerhalb des Palastes fiel uns ein kleines, mittelalterliches Bauwerk auf. Wir erfuhren: Es war das Badehaus der Maria Stuart. Wer dieses düstere, häßliche Gemäuer gesehen hat, kann verstehen, daß es die schottische Königin vorzog, jährlich höchstens zwei-, dreimal ein Bad zu nehmen.

Als wir, von Holyrood kommend, die High Street entlangspazierten, mußte ich an die hier von Theodor Fontane so eindringlich beschriebenen Spukhäuser denken. Doch obwohl ich sehr angestrengt Ausschau hielt, konnte ich weit und breit nichts Gespenstisches entdekken. Ein wenig gruselig fand ich in dieser Straße lediglich das John Knox's House, in dessen Räumen der schottische Reformator im 15 Jahrhundert lebte, wirkte und unheimlich eiferte.

Abends, in einem historischen Pub hier soll schon Robert Burns, Schottlands beliebter Nationaldichter, gebechert haben -, stellten wir dann einem schottenberockten Gast die unvermeidliche Frage: »Was trägt der Schotte unter seinem Kilt?« Die Antwort kam ohne Zögern: »Na, was schon! Die Zukunft Schottlands natürlich!«

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