Bremser bei Kerosinsteuer

Noch keine Einigkeit in der EU/Geht Deutschland voran?

  • Robert Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.
Gibt es bald eine Öko-Steuer für Flieger? Umweltschützer und Bundesregierung wollen sie. Doch die Fluggesellschaften stellen sich quer.
Eine Steuer auf Flugbenzin ist in Deutschland erneut im Gespräch. Bisher aber war der Widerstand dagegen stärker als alle Befürworter. Schon Franz-Josef Strauß soll die Einführung einer Kerosinsteuer seinerzeit verhindert haben. Wirklich ernst wurde es aber erst unter rot-grüner Ägide, als im Jahr 2000 das Umweltbundesamt ein Gutachten in Auftrag gab, das Vorschläge zur Einführung ausarbeiten sollte. Auf dem letzten G7-Gipfel brachten Deutschland und Frankreich schließlich die Besteuerung des Flugverkehrs als Finanzquelle für die internationale Armutsbekämpfung ins Spiel. Laut Finanzminister Hans Eichel (SPD) habe die Kerosinsteuer »unglaubliche Vorteile«, denn Energie-, Umwelt- und Entwicklungspolitik könnten positiv miteinander verbunden werden. Da Japan und USA den Vorschlag strikt ablehnten, wird die Steuer nun auf EU-Ebene diskutiert. Allerdings haben auch einige europäische Länder Widerstand angekündigt. Umstritten ist derzeit, ob die Befürworter - neben Deutschland und Frankreich auch England, Schweden, Österreich, die Niederlande und das Nicht-EU-Mitglied Norwegen - voranpreschen. Luftfahrtexperten meinen, eine solche Steuer könne ohne die Zustimmung betroffener Staaten und eine Modifizierung ihrer Luftverkehrsabkommen überhaupt nicht eingeführt werden. Dagegen fordert das von den Grünen geleitete Bundesumweltministerium die Einführung für innerdeutsche und Flüge in europäische Länder, die den Vorschlag ebenfalls befürworten. Das Ministerium bezieht sich dabei auf eine Ende letzter Woche vorgestellte Studie, die die Rechtmäßigkeit einer Kerosinsteuer auf zwischenstaatlichen Flügen grundsätzlich bejaht. Die SPD wiederum fordert erst einen formellen EU-Beschluss, bevor die Abgabe hier zu Lande eingeführt wird. Auch die Verwendung der Einnahmen - das Finanzministerium rechnet für Deutschland mit 370 Millionen Euro pro Jahr - ist umstritten. Der britische Finanzminister Gordon Brown möchte damit die Entwicklungshilfe so weit aufstocken, dass UN-Vorgaben erreicht werden. Umweltschützer wollen die Mittel auf Klimaschutz-Projekte in den Entwicklungsländern beschränken. Im Bundesumweltministerium sieht man in der Kerosinsteuer einen Schritt zu mehr ökologischer Gerechtigkeit, schließlich werden auch konkurrierende Verkehrsmittel wie Bahn und Auto besteuert. Dieser Ansicht ist auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der seit Jahren fordert, die Steuervorteile gegenüber dem wesentlich umweltfreundlicheren Verkehrsmittel Bahn abzubauen. Fliegen trage wesentlich mehr zur Klimaerwärmung bei als alle anderen Fortbewegungsarten, so der Umweltverband. Die Naturschützer warnen davor, dass die Fluggesellschaften auf Kurzstrecken die Steuer mit Hilfe von Tanktourismus umgehen könnten. Etwa wenn diese ihre Flugrouten so legen, dass sie ausreichend Kerosin im Ausland steuerfrei tanken können. Laut BUND ließe sich dieses Problem jedoch elegant lösen: indem die Mineralölsteuer nicht am Tankvorgang, sondern am tatsächlichen Verbrauch anknüpfe. Wegweisend könnte die Kerosinsteuer womöglich in Bezug auf die Klimaziele nach Auslaufen des ersten Kyoto-Protokolls 2012 sein. Danach soll erstmals auch der Flugverkehr berücksichtigt werden, fordern Deutschland und Großbritannien. Dann könnten die Emissionen über die Stellschraube Kerosinsteuer gesteuert werden. Die Fluggesellschaften reagieren auf die aktuellen Pläne zur Einführung der Kerosinsteuer, wie sie das schon früher immer taten: mit scharfer Ablehnung. Eine solche Steuer schwäche die Wettbewerbslage der europäischen Airlines gegenüber US-Konkurrenten, hieß es etwa seitens der Lufthansa. Dies könne den Abbau von 50000 Arbeitsplätzen nach sich ziehen. Zudem seien spürbare Preissteigerungen bei Flügen nicht auszuschließen. Schließlich heißt es, die Kerosinsteuer sei ungerecht, da die Fluggesellschaften etwa im Gegensatz zur Bahn Wege- und Infrastrukturkosten aus eigener Kraft decken müssten. Man kann gespannt sein, ob die Luftfahrt-Lobby die Kerosinsteuer-Pläne erneut ausbremsen kann.

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