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Gesunde Lebenszeit verlängern

Leopoldina-Papier regt an, Alterskrankheiten nicht nur zu behandeln, sondern gleich zu verhindern

Bei einer Blutzuckerkontrolle: Lässt sich Diabetes in Zukunft vielleicht wirksamer verhindern?
Bei einer Blutzuckerkontrolle: Lässt sich Diabetes in Zukunft vielleicht wirksamer verhindern?

Der menschliche Körper altert lebenslang und beginnt eigentlich schon bei der Geburt damit. Biologische Prozesse, die immer häufiger fehlerhaft laufen, werden zunächst repariert. Die Reparatur gelingt im Mittel bis zum 40. Lebensjahr ganz gut. Danach kommen – vereinfacht gesagt – die chronischen Krankheiten. Laut Björn Schumacher, leitender Forscher an der Universität Köln, hat in Deutschland die Hälfte der Menschen ab 65 Jahren zwei und mehr chronische Krankheiten. Nun ginge es darum, nicht einfach die Lebensspanne zu verlängern, sondern die Phase gesunden Lebens.

Die Grundlagenforschung zu Alterungsprozessen sei in Deutschland gut aufgestellt, so der Biologe. Zurzeit wären diese Erkenntnisse in Therapien umzusetzen. Und dafür bräuchte man gute Rahmenbedingungen. Den Aufschlag machte Schumacher bei der Vorstellung eines Diskussionspapiers der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina unter dem Titel »Gesundes Altern ermöglichen«.

Das Dokument wurde am Dienstag veröffentlicht. Es soll neue Perspektiven für Forschung und medizinische Versorgung eröffnen. Im Unterschied zu den Stellungnahmen der Leopoldina ist ein Diskussionspapier nicht formell beschlossen und auch nicht extern begutachtet. Es geht dabei eher um Denkanstöße, nicht nur für Wissenschaftler, sondern auch für die Politik.

Zu den gewünschten Rahmenbedingungen für die Translation, also die Übertragung wissenschaftlicher Erkenntnisse in die medizinische Praxis, gehört unter anderem die Gründung eines interdisziplinären Konsortiums, das die Forschung bündelt. Hier geht es um Fachwissen aus Alterungs- und Systembiologie. Konkreter sollen Forschungsdaten von Modellorganismen (etwa von Mäusen) mit humanen Daten wie Bioproben und Patientendaten verbunden werden.

Auf diese Weise, so die Erwartung, könnten biologische Alterungsprozesse besser verstanden werden. Letztlich wären aus Erkenntnissen dazu geroprotektive Maßnahmen zu entwickeln. Gemeint ist, dass eben die Erkrankungen im Alterungsprozess gezielt therapiert werden. Geromedizin wäre der Name der relativ neuen Fachrichtung der Medizin. Hingegen beschäftigt sich die Geriatrie als Altersmedizin mit den Krankheiten der alternden Menschen. In der Geromedizin ist der Rahmen deutlich weiter gefasst.

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Ein vielversprechender Weg scheint den Forschern die Entwicklung von Biomarkern für das Altern. Hierbei würden die genannten Daten helfen, unter anderem die DNA, RNA und Proteine betreffend. Die Biomarker sollten zum Beispiel Auskunft über das biologische Alter des Menschen geben. In Studien könnten sie die Wirksamkeit geroprotektiver Medikamente anzeigen. Dafür wäre es hilfreich, vorhandene Daten aus verschiedenen Forschungszweigen in einer nationalen Datenbank zusammenzuführen und Wissenschaftlern zur Verfügung zu stellen.

In der Medizin gebe es bereits Medikamente, darunter zur Behandlung von Bluthochdruck oder Typ-2-Diabetes, die zusätzlich eine geroprotektive Wirkung haben, zeigt sich Oliver Tüscher optimistisch. Der Neurologe von der Universitätsmedizin Halle setzt darauf, dass sich durch die Analyse großer Datensätze weitere Arzneimittel finden ließen, die als Geroprotektoren einsetzbar sind. Am Ende könnten Alterungsprozesse nicht nur gestoppt, sondern sogar umgekehrt und vielleicht auch Gewebefunktionen wieder hergestellt werden. Mit verlässlichen Biomarkern wäre andererseits ein regelrechter Paradigmenwechsel in der medizinischen Beratung möglich: Patienten könnten dann besser zu wirksamer Prävention motiviert werden.

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