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? Kolumbus steht vor Gericht

Symbolprozeß will 500 Jahre Unrecht aufarbeiten Von Ivan Castro, La Esperanza

  • Lesedauer: 2 Min.

Im honduranischen La Esperanza steht zur Zeit der Entdecker Amerikas vor Gericht. Die Anklage: Völkermord, Raub und Zerstörung eingeborener Kulturen.

Auf dem holzgerahmten Leinentuch ist er gefesselt, nur mit Tunica und Mütze bekleidet dargestellt. Ihm wird in der honduranischen Stadt mit dem Namen Hoffnung der Prozeß gemacht. Hoffnung auf Milde kann sich der Mann, der auf deutsch Kolumbus heißt und im spanischsprachigen Lateinamerika als Cristobal Colon bekannt ist, jedoch kaum machen. Die Anklage gegen den Admiral der spanischen Krone umfaßt auch die Delikte »Entführung, Vergewaltigungen, Mord, Sklavenhandel, Kulturimperialismus und Artenschmuggel«.

Der Prozeß begann am 20. Juli und soll am 12. Oktober enden. Das ist der Tag, an dem Kolumbus 1492 erstmals den amerikanischen Kontinent betrat. Anhörungen wird es auch an anderen Orten geben, so in Rincon del Buey, wo Mitglieder der Indigena-Ethnie der Chortis leben. An dem symbolischen Prozeß nehmen Richter, Staatsanwälte und Geschworene, Mitglieder der Ältestenräte der honduranischen Indigenas und zwei Verteidiger teil - einer ist Exkulturminister Fasquelle.

Für die Indigena-Organisationen von Honduras, die das Verfahren eingeleitet haben, ist Kolumbus »stellvertretend für die anderen Kolonisatoren angeklagt«, so ihr Sprecher Salvador Zunig, etwa die spanische Krone, die Regierungen weiterer Kolonialmächte und andere Eroberer wie Hernan Cortes, Francisco Pizarro und Pedro de Alvarado. Kolumbus war der Beginn einer europäischen Eroberungsund Kolonialpolitik, die für schätzungsweise 70 Millionen amerikanische Ureinwohner den Tod bedeutete, meist durch Sklavenarbeit und eingeschleppte Krankheiten. »Das größte Massaker in der Geschichte der Menschheit«, sagt Zuniga.

Seiner Meinung nach »lebt der Kolonialismus weiter in den USA, den europäischen und asiatischen Mächten sowie in den internationalen Organisation. Sie zwingen uns ein ungerechtes Wirtschaftssystem auf.« In den begleitenden Diskussionsforen stehen die heutigen Konsequenzen der Kolonisierung im Mittelpunkt. Der Erlaß der Auslandsschulden für die lateinamerikanischen und karibischen Länder ist eine der zentralen Forderungen. Für Gregoria Flores, Vizevorsitzende der nationalen Indigenavereinigung, ist der Prozeß zudem eine Protestaktion gegen die honduranische Regierung. Sie schweige zur Lage der Indigenas im eigenen Land und diskriminiere sie. Das Verfahren werde beweisen, daß »wir auch nach 500 Jahren noch unter den Folgen der europäischen Eroberung leiden«.

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