Dieser Text ist Teil des nd-Archivs seit 1946.

Um die Inhalte, die in den Jahrgängen bis 2001 als gedrucktes Papier vorliegen, in eine digitalisierte Fassung zu übertragen, wurde eine automatische Text- und Layouterkennung eingesetzt. Je älter das Original, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass der automatische Erkennvorgang bei einzelnen Wörtern oder Absätzen auf Probleme stößt.

Es kann also vereinzelt vorkommen, dass Texte fehlerhaft sind.

Wild, politisch und aufregend

Die kalifornische Performergruppe »Core« gastiert im Pfefferberg Von Tom Mustroph

  • Lesedauer: 2 Min.

mer wieder als Modell gepriesene kulturelle Infrastruktur in den USA ist geradezu ensemblefeindlich. Dennoch: Die erstmals in Europa gastierende Produktion verfügt über ein immenses Potential und ist allemal sehenswerter als die be-

langlosen bemüht-intellektuellen Anstrengungen solch hochgelobter Gruppen wie »showease beat, le mot« oder »Forced Entertainment«.

11.-14.10., 21 Uhr, Pfefferberg, Schönhauser Allee 176. Tel. 449 6534

»Core« ist überraschend. Die kalifornische Performergruppe kreiert mit »Entertainment for the Apocalypse« ein Spektakel, das hierzulande seinesgleichen sucht. Es ist eine frische Mischung aus Akrobatik, Tanz, Slapstick, Konzert und Polit-Cabaret. Es hält das Publikum in Atem, bietet Futter für den Kopf und unterhält.

Hervorstechend ist der wilde körperliche Einsatz. Die Performer werfen sich durch Luft, finden zu einer Choreographie, brechen wieder aus jeder Ordnung aus und bauen Skulpturen aus ihren Leibern. Hinreißend ist der Badewannen-Dialog von Stanya Kahn mit ihrem Entchen. Erst wird es vermißt, dann gefunden und nicht wieder losgelassen, daraufhin in Freiheit gesetzt und schließlich von der auf einem Wasserfilm über den Boden schlitternden Performerin verfolgt. Intimität, Abhängigkeit, Ausnutzen, Fürsorge, Distanz und Großmut werden auf unnachahmliche Art verdichtet und Lachtränen treibend mit deutschem Kulturgut (Faust) verquickt.

Mit ihrem deutsch-englischen Programm »Entertainment for the Apocalypse« entwirft die Gruppe Überlebensstrategien für ein paradoxes Zeitalter, das bar jeder Verläßlichkeiten scheint. Die Individuen sind gleichgeschaltet und extravagant, einsam und aufdringlich, zerrissen und zielorientiert. Sie finden zueinander und stoßen sich ab.

Diese Unentschiedenheit schlägt sich zeitweise leider auch im Spektakel nieder. Man merkt der Gruppe an, daß sie über längere Zeit nicht zusammenarbeiten konnte. Die hier in Berlin gerade im-

Wir haben einen Preis. Aber keinen Gewinn.

Die »nd.Genossenschaft« gehört den Menschen, die sie ermöglichen: unseren Leser:innen und Autor:innen. Sie sind es, die mit ihrem Beitrag linken Journalismus für alle sichern: ohne Gewinnmaximierung, Medienkonzern oder Tech-Milliardär.

Dank Ihrer Unterstützung können wir:

→ unabhängig und kritisch berichten
→ Themen sichtbar machen, die sonst untergehen
→ Stimmen Gehör verschaffen, die oft überhört werden
→ Desinformation Fakten entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und vertiefen

Jetzt »Freiwillig zahlen« und die Finanzierung unserer solidarischen Zeitung unterstützen. Damit nd.bleibt.