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Auch stets das Unmögliche

Aquarelle und Zeichnungen von Gottfried Sommer im Schloss Granitz

  • Gert Claußnitzer
  • Lesedauer: 3 Min.
Es war Richard Muther, der einmal über den englischen Romantiker William Turner sagte, »er wollte das Unmögliche tun und die Sonne malen.« Ähnliches könnte man über den Aquarelllisten Gottfried Sommer sagen. Auch er hat stets das »Unmögliche« im Sinn, wenn er die als »riesig« empfundene Natur durch Farbe zu visionären Gegenbildern formt und verwandelt, immer bemüht, Licht- und Schattenkontraste hervorzuheben, in einem freien Spiel der Kräfte natürliche und urtümliche Daseinsformen der Landschaft, der Natur auf das gefeuchtete Papier zu bannen. Manche seiner Bilder sind eigentlich als eine »Hommage für Caspar David Friedrich« - so auch einer seiner Bildtitel - anzusehen. Das »Bedrohliche« eines Naturereignisses, die Wolkenballungen, die sich mitunter urplötzlich ergeben können, die spannungsgeladene Kraftfülle einer bengalisch erleuchteten Landschaft! Im ungewöhnlichen Umgang mit dem schwimmenden, ja förmlich schwebenden Farbenspiel der Nass-in-Nass-Malerei, hat Gottfried Sommer eine sehr eigenständige freie und höchst expressive Formgebung ausgebildet. Verwandtschaftliche Bezüge sind allenfalls da und dort mit Emil Nolde und Christian Rohlfs erkennbar, ja, gelegentlich gibt es Berührungspunkte mit Feininger, da, wo Sommer in eigenartigen prismatischen Strukturen gleichsam ein geometrisches Ordnungsgefüge über das Blatt legt, den Brechungen des Lichtes folgend. Der von dem einstigen Verleger Hans Marquardt ins Leben gerufenen KulturStiftung Rügen ist jetzt eine großartige Ausstellung der späten Aquarelle und Zeichnungen Gottfried Sommers im Schloss Granitz auf Rügen zu verdanken. Anlass für diese Präsentation ist der 70. Geburtstag des Künstlers, der, aus dem Sächsischen stammend, seit 1998 auf der Insel Rügen lebt und hier in einem Schaffensrausch ohnegleichen seine emotionalen Gestaltungsantriebe voll entfalten konnte. Was er hier auf Hiddensee und auf Rügen aquarellierte, bezeichnet gleichsam einen neuen Höhepunkt in seinem Schaffen. War Gottfried Sommer anfangs noch stark vom Dresdner Impressionismus ausgegangen, so hat er sich nunmehr gänzlich von jeglichen formalästhetischen Konventionen befreien können. Und Atmosphäre ist gewissermaßen »sein Stil« geworden. Da gibt es freilich nur noch wenige topographische Anhaltspunkte, alles ist mehr auf die Wiedergabe vorübergehender, sich ständig verändernder Lichteffekte, auf das Spiel der Wolken, von Nebel und Dunst angelegt. Vor allem ist es immer wieder die Farbe und deren Glut, die einen gefangen nimmt. Und es berührt einen die innere Dramatik des Farbenrauschs. Alles scheint in einer »flammenden« Erregtheit niedergelegt zu sein. Und da hat man den Eindruck, dass den Künstler eine fast manische Unruhe erfasst, wenn er im Atelier seine fast handtellergroßen Skizzen ins größere Format übersetzt. Florale Strukturen sind der Gegenstand seiner Zeichnungen. Ein virtuoses und ungeduldiges Aufwallen in einem Dickicht sich kreuzender und vermischender Strichlagen! Auch da ist es mitunter ein Einsehen in Atmosphärisches. Es heißt ja, in einem Klima der Freiheit holt das Un- Wirkliche das Wirkliche ein. In der Ausstellung Gottfried Sommers im Jagdschloss Granitz kann man sich überzeugen vom deutlichen Willen des Künstlers, seine Motive aus einer »inneren Notwendigkeit« gleichsam so zu transformieren und zu erweitern, dass ganz neue komplexe und zuweilen »wilde« Bildformulierungen in einer geradezu aufwühlenden Malerei entstehen. Jagdschloss Granitz, 18609 Granitz: Aquarelle und Zeichnungen von Gottfried Sommer. Bis 3. Juli, tägl. 9-18Uhr. Tel.: (038393)2263

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