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Männer kämpfen um Existenz

  • Uwe Ruprecht
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Provinz gilt als rückständig. Von wegen. Sie ist Avantgarde. »Vielleicht ist in fünf Jahren ein solches Amt schon selbstverständlich«, meint der Bürgermeister von Drochtersen im Lande Kehdingen am Oberlauf der Elbe. In fünf Jahren wird es womöglich den Männerbeauftragten geben, den der Gemeinderat jüngst noch mit 13 gegen neun Stimmen bei sieben Enthaltungen abgelehnt hat. Gerade erst haben die Kommunen im Umkreis nach vielem Weh und Ach Frauenbeauftragte benannt, weil das Gesetz es so will. Da schlagt das Imperium zurück. In Gestalt von Thomas Schröder, 39 Jahre alt, Kapitän, derzeit an Land. Eine Selbsthilfegruppe, die seinen Geschlechtsgenossen im Scheidungsfall beisteht, hat er bereits gegründet und dabei entdeckt, daß Bedarf besteht an einem Politkommissar für die Belange der männlichen Minderheit.

Die »Herren der Schöpfung«, nicht wahr, sind überhaupt nicht so herrlich wie sie immer tun, sondern auch nur arme Schweine und »Freiwild für einige radikale Emanzen«, wie ein Verfechter des Männerbeauftragten sich ausdrückt. »Ich bin meiner Zeit um zehn Jahre voraus«, ist sich Kapitän Schröder sicher In Drochtersen scheiterte er weniger aus Unverständnis für die Sache, sondern weil die Herren des Gemeinderats fürchteten, zum Gespött der Medien zu werden. Wer gleichwohl denkt, die Idee eines Männerbeauftragten sei abwegig, kennt sich im Land »achtern Diek« (hinterm Deich) nicht aus. Die Männer wehren sich doch nur. Aus Apensen, 50 Kilometer von Drochtersen entfernt, kommt nämlich gleichzeitig die Parole »Schafft die Männer ab«.

Der Kampfruf wird quasi wissenschaftlich untermauert in einem Buch der“ ehemaligen Journalistin und »Diplom-Sozialökonomin« Dr Ingrid Scherzer-Hartz. »Das Y-Syndrom« enthält köstliche Beschreibungen der parasitären Krankheit Mann. »Schon als Kleinkind terrorisiert er die Mädchen im Kindergarten, als Schüler dominiert er die Klasse und den Schulhof; als junger Mann hängt er am Rockzipfel der Mutter « Und je öller, je döller, wie man in Apensen sagt: »Der Mann ab 55 mutiert zurück zum Sorgefall schlechthin«, der ohne Frau gar nicht lebensfähig wäre. Dr. Scherzer scherzt freilich nicht. »Die ganze Welt ist dabei, an der Amoralität und Asozialität der Männer kaputtzugehen«, bilanziert sie. »Deshalb: Schafft die Männer ab, ehe sie die Welt abschaffen.« Mit der Technik des Klonens, so ihre Vision, »bahnt sich ... ein gänzlich neuer Weg der Menschenproduktion an«. Sorgen wir also dafür, daß mehr Frauen als Männer geboren werden.

Das klingt nach »Endlösung der Männerfrage«, findet ein Leser des Buchs, und wirklich schreibt Frau Doktor: »Wir legen Listen aus für Männer, die sich für erhaltenswert halten.« Wie gesagt, die Provinz ist Avantgarde, da wird weit voraus gedacht. Fürchtet euch, Männer!

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