Illegales Tanken

Lebensart: Auto geborgt und dazugelernt

  • Tom Mustroph
  • Lesedauer: 3 Min.
Frank schuldete mir einen Gefallen. Also habe ich ihn gefragt, ob er mir seinen Transporter für den Umzug leiht. Man muss ja sparen heutzutage. Robben & Wientjes kostet Geld. Das Auto vom Freund nicht. Frank gefiel das nicht so ganz, weil der Transporter der Spedition gehörte, für die er arbeitete. Ich sagte ihm, es sei ja nicht weit, insgesamt vielleicht 30 km, das falle doch niemandem auf. Und außerdem schulde er mir noch etwas. Die Sache war geritzt. Frank gab das Fahrzeug heraus. Er machte sich noch über mich als passionierten Fahrradfahrer lustig - »Na, so ein Auto ist doch nicht schlecht, oder?« - und schärfte mir ein, auf alle Fälle mit der Tankkarte der Firma zu tanken. Wegen der Abrechnung sei das extrem wichtig. Ich freute mich. Nicht einmal Sprit musste ich bezahlen. Die erste Fuhre war prima. Meine Freunde hatten gut angepackt. Leider hatten wir nicht alles wegbekommen und mussten noch ein zweites Mal los. Als wir den Rest verstaut hatten, rückte und rührte der Wagen sich nicht mehr. Fieber-haft suchten wir nach dem Fehler. Dann die Erleuchtung: kein Sprit mehr da. Wir schauten nach einem Reservekanister - Fehlanzeige. Wir mussten also zur Tankstelle. Zum Glück war eine um die Ecke. Ich lief hin, um einen Kanister und etwas Benzin zu kaufen. Die Tankstelle hatte keinen Kanister, nicht einmal ein anderes leeres Behältnis. Die nächste Tankstelle war fünf Kilometer entfernt. Ich schnappte mein Fahrrad und fuhr los. Sie hatten zum Glück Kanister. Als ich mit der Tankkarte bezahlen wollte, sagte man mir, sie funktioniere hier nicht. Ich müsse zu einer anderen Kette gehen. Die nächste Filiale dieser Kette sei nur zehn Minuten von hier entfernt. Mit dem Auto! Nach einer halben Stunde kam ich dort an. Ich schnappte mir einen Kanister, füllte ihn und ging zur Kasse. Der Mann am Tresen musterte die Karte und sagte: »Die Karte ist nur für Sprit gültig, nicht für andere Waren. Den Kanister müssen Sie bar bezahlen.« Ich suchte nach meinem Portemonnaie. Ich hatte es zu Hause gelassen, im Vertrauen darauf, dass Franks Tankkarte das ja regeln würde. »Ach bitte, lassen Sie mir doch das Benzin«, bettelte ich. »Ich komme in einer Stunde wieder und bezahle. Ich lasse Ihnen meinen Ausweis als Pfand da.« Der Tankwart war durch nichts zu erweichen. »Erst Geld, dann Sprit.« Die Schlange in der Tankstelle wurde immer länger. Leute in meinem Rücken murrten. Ich versuchte sie zu beruhigen und fragte, ob mir jemand Geld leihen könne. Höhnisches Gelächter war die Antwort. Der Tankwart forderte mich barsch auf, zu gehen. Vorher müsse ich aber noch den Sprit zurückfüllen und den Kanister putzen. Flugs schlich ich mich von dannen. Ein paar Flüche prasselten in meinen Rücken. Zu Hause schnappte ich mir Geld, zog zur zweiten Tankstelle, bezahlte für Benzin und Kanister und konnte endlich den Umzug fortsetzen. Es war inzwischen dunkel. Einige meiner Freunde waren gegangen. Frank hatte schon angerufen und nach seinem Transporter verlangt. »Nichts bezahlen wollen und dann noch zu spät sein!«, schimpfte er. Ich erzählte ihm nichts von meiner Odyssee und hoffte nur, dass niemand merkt, dass der Wagen illegal betankt wurde. Umziehen werde ich vorerst nicht mehr.

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