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  • Politik
  • Mai 1849: Volksaufstand in Dresden

Es begann mit dem Sturm auf das Zeughaus

  • Karin Jeschke und Gunda Ulbricht
  • Lesedauer: 4 Min.

Überliefert ist uns aus den Maitagen des Jahres 1849 der Augenzeugenbericht des braven Dresdner Bürgers Gustav Nieritz, der hier 50 Jahre Lehrer war- »Drei Kriege hatte ich erlebt und deren Schrecknisse, namentlich in dem letzten, kennengelernt. Doch waren sie nichts gegen den Aufruhr und Bürgerkrieg in den wenigen Maitagen des Jahres 1849, an deren blutigen Opfern die Regierung einen großen, ja den allergrößten Teil der Schuld trug. Denn sie rührte keine Hand, keinen Finger, um die Empörung im ersten Keime zu ersticken ... Wenige Soldaten hätten gereicht, diese Leute zu verjagen, indem man ihnen hinter die Ohren schlug... Männer, Frauen, Kinder, Pöbel und Bürger, ja selbst höhere Staatsbeamte (arbeiteten) an... Straßenverschanzungen. Tausende der Einwohner aus allen Ständen sahen diesem neuen Schauspiele zu und überkletterten lachend die bunt durcheinander aufgetürmten Hindernisse.«

Der in den letzten Zeilen anklingenden Wertung der Revolution als Volksfest konnte man auch in den Inszenierungen des Jubiläumsjahres 1998 begegnen. Dem widersprechen jedoch in deutlicher Weise zwei schlichte Obelisken auf Dresdner Friedhöfen, die den Gefallenen des Maiaufstandes gewidmet sind. Über die Zahl der Opfer gehen die Angaben der Historiker weit auseinander Eine neuere Untersuchung nennt 197 tote Aufständische und acht preußische sowie 23 sächsische Soldaten. Am 27. März 1849 hatten die Abgeord-

neten der Paulskirche die Deutsche Reichsverfassung verabschiedet. Die preußischen Hohenzollern sollten erbliche Kaiser eines konstitutionell regierten Reiches werden. König Friedrich Wilhelm IV lehnte aber die Kaiserwürde ab. Der König von Sachsen verweigerte der Reichsverfassung ebenfalls die Anerkennung, wie auch die regierenden Dynastien in Bayern, Württemberg und Hannover Das mühevoll errungene Ergebnis eines mit den Hoffnungen vieler Liberaler und Demokraten beladenen Parlaments drohte damit zu scheitern.

Die beiden Kammern des Sächsischen Landtages stimmten am 28. April 1849 für die Reichsverfassung und verweigerten die Bewilligung von Steuern. Daraufhin löste der König den Landtag auf. Auf Initiative der Vaterlandsvereine wurden

Anfang Mai in ganz Sachsen Paraden der Kommunalgarden für die Reichsverfassung anberaumt. Angesichts solcher Proteste gegen den Willen der fürstlichen Staatsgewalt wandte sich Friedrich August II. an den König von Preußen mit der Bitte um militärische Unterstützung. Erst dieses Ersuchen löste am 3. Mai 1849 den Sturm auf das Dresdner Zeughaus aus.

In den Morgenstunden des 4. Mai flohen der König und seine Minister auf die Festung Königstein. Daraufhin bildete sich eine provisorische Regierung mit Karl Gotthelf Todt, Otto Leonhard Heubner und Erdmann Samuel Tzschirner, die auf die Reichsverfassung vereidigt wurde. In der Stadt wurden sofort mit Hilfe Gottfried Sempers Barrikaden errichtet und Kuriere in alle Städte des Landes gesandt,

die die Kommunalgarden zum Marsch nach Dresden aufforderten. Aber nur ein kleiner Teil der Aufgerufenen erschien.

Als am 5. Mai die Straßenkämpfe begannen, standen den etwa 3000 Revolutionären insgesamt 5000 sächsische und preußische Soldaten gegenüber. In der Dresdner Altstadt wurde fünf Tage lang verbissen gekämpft. Die Barrikaden erwiesen sich dabei als kaum einnehmbar Die Aufständischen erhielten Unterstützung durch den Artillerieoffizier Michail A. Bakunin, Hofkapellmeister Richard Wagner sowie die Redakteure August Röckel und Ernst Ludwig Wittig. Aber der Übermacht der sächsischen und preußischen Soldaten konnten sie nicht allzu lange widerstehen, als diese auch die Häusermauern durchstießen, um die Barrikaden zu umgehen. Die provisorische Regierung mußte am 9 Mai, früh 3 Uhr, Dresden verlassen. Etwa 1800 Revolutionären gelang es, sich aus der Stadt zurückzuziehen. Manche schlugen sich nach Baden durch, um dort an den Revolutionskämpfen teilzunehmen. Zahlreiche Gefangene wurden von den Soldaten der sächsischen und preußischen Armeen erschossen, mißhandelt, von der Eibbrücke geworfen und ertränkt. Etwa 700 Kämpfer wurden gerichtlich verfolgt.

Der Altmarkt in Dresden während des Aufstandes, 6. Mai 1849 (links)

Aufruf der Zittauer Demokraten zur Unterstützung der Dresdner Aufständischen (rechts)

Abb. aus: »Illustr Geschichte der deutschen Revolution 1848/49«, Dietz 1973

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