Entschädigung für Kindsmörder

Hessen muss Magnus Gäfgen 3000 Euro wegen Folter-Drohungen der Polizei zahlen

  • Lesedauer: 2 Min.
Das Land Hessen muss dem Kindsmörder Magnus Gäfgen wegen der Folterdrohung im Polizeiverhör endgültig eine Entschädigung von 3000 Euro zahlen. Gäfgen hatte ursprünglich 10 000 Euro gefordert.

Zehn Jahre nach dem Mord an dem Frankfurter Bankierssohn Jakob von Metzler sind dem Täter Magnus Gäfgen wegen des Androhens von Gewalt durch Polizisten 3000 Euro Entschädigung zugesprochen worden. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main wies am Mittwoch eine Berufung des Landes Hessen gegen diese Zahlung zurück. Das Gericht beendete mit dieser Entscheidung einen jahrelangen Rechtsstreit.

Gäfgen hatte im September 2002 den elfjährigen Jakob von Metzler entführt und ermordet. In einer Vernehmung kurz nach seiner Festnahme drohte ein Beamter auf Anweisung des damaligen Frankfurter Polizei-Vizepräsidenten Wolfgang Daschner Magnus Gäfgen Gewalt an, wenn dieser den Aufenthaltsort des Jungen nicht verrate.

Die Ermittler hofften zu diesem Zeitpunkt, dass der Junge noch lebt. Wegen dieser Drohungen verklagte der zu lebenslanger Haft verurteilte Gäfgen das Land Hessen.

Das Landgericht Frankfurt am Main entschied daraufhin im August vergangenen Jahres, dass das Land wegen der Drohungen 3000 Euro Entschädigung plus Zinsen zahlen muss. Dagegen legte Hessen Berufung ein, die das Oberlandesgericht nun zurückwies. Es gebe keine konkreten Anhaltspunkte für Zweifel an der »Vollständigkeit oder Richtigkeit« der Feststellungen des Landgerichts, erklärte das OLG.

Gäfgen saß bei der Berufungsverhandlung am Mittwochvormittag zunächst selbst im Gerichtssaal, war aber bei der Urteilsverkündung am Nachmittag nicht mehr anwesend.

Die Androhung von Schmerzen verstößt nach Auffassung des Oberlandesgerichtes unter anderem gegen das im Grundgesetz verankerte Verbot, Festgenommene »körperlich oder seelisch zu misshandeln«. Das Gericht verwies zudem auf ein von Gäfgen erwirktes Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EuGH), wonach die Vernehmung eine »unmenschliche Behandlung« gewesen sei. Die beiden Polizisten hätten »bei allem Respekt für ihre Beweggründe vorsätzlich eine Amtspflichtverletzung begangen«, sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Stump. Dafür habe das Land Hessen einzustehen.

Die Entschädigungssumme in Höhe von 3000 Euro bezeichnete der Vorsitzende Richter am Mittwoch als »symbolische Entschädigung«. Gäfgen hatte für das Verhalten der Beamten vom Land ursprünglich 10 000 Euro Schmerzensgeld sowie Schadenersatz gefordert. Der frühere Frankfurter Polizei-Vizepräsident und der Beamte, der dem damaligen Jura-Studenten in der Vernehmung im Jahr 2002 mit Schmerzen gedroht hatte, waren im Jahr 2004 zu Geldstrafen auf Bewährung verurteilt worden.

Das Oberlandesgericht ließ gegen das Urteil zur Entschädigung für Gäfgen keine Revision zu. Damit sei über die Sache »abschließend entschieden«, sagte der Vorsitzende Richter Stump. Das OLG begründete dies damit, dass die maßgeblichen Rechtsfragen durch das EuGH-Urteil als geklärt anzusehen seien. AFP/dpa

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