Letzter Aufruf für SAS?

Skandinavische Fluggesellschaft trudelt durch Budgetlöcher

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.
In der Flugbranche herrscht seit Jahren ein gnadenloser Wettbewerb, doch die Überkapazitäten wachsen. Zu den Leidtragenden gehören vor allem traditionsreiche staatliche Gesellschaften wie SAS.

Man muss schon Insider sein, um die Übersicht über Sparpläne und Entlassungswellen bei der skandinavischen Fluggesellschaft SAS zu behalten. Vor 66 Jahren gegründet, hat sie seit langem den Ruf, pünktlich zu fliegen und hohe Qualitätsstandards zu bieten. Doch hohe Brennstoff- und Personalkosten, die harte Konkurrenz der Billigflieger und technische Probleme haben dem Unternehmen in den letzten zehn Jahren hart zu schaffen gemacht. Auch mehrere Kapitalerhöhungen seitens der Hauptaktionäre - der Staaten Dänemark, Schweden und Norwegen - trugen keine Früchte. Die SAS ist wichtig für die Verkehrsinfrastruktur Skandinaviens.

Die neuerliche Finanzierungskrise wurde dadurch ausgelöst, dass die im kommenden Jahr in Kraft tretenden neuen EU-Vorgaben zu Pensionsverpflichtungen das Eigenkapital der Fluggesellschaft übersteigen. Darüber hinaus müssen 2013 Kredite und Anleihen erneuert und nervöse Banken von ihrer Sicherheit überzeugt werden.

Vor wenigen Tagen präsentierte die Unternehmensführung neben einem Vorsteuergewinn von 568 Millionen Kronen (65,9 Millionen Euro) für das dritte Quartal auch einen neuen Sparplan. Der Handel mit der SAS-Aktie an der Stockholmer Börse wurde vorübergehend eingestellt - weil Informationen zu früh durchgesickert waren und um einen Absturz ins Bodenlose zu verhindern. Die angekündigten Einsparungen von 25 Prozent der Kosten bzw. rund 340 Millionen Euro jährlich wurden von den Börsianern aber doch mit einem Sinkflug der Aktie von 20 Prozent belohnt.

Hinter den genannten Summen verbergen sich offenbar die Entlassung von etwa 1000 der rund 15 000 Beschäftigten, Lohnkürzungen sowie eine Verlängerung der Arbeitszeiten von Piloten und Kabinenpersonal. Vorstand wie auch die beteiligten Gewerkschaften wollen dies aber bislang nicht bestätigen. Arbeitszeitverlängerungen führten in den vergangenen Jahren mehrfach zu Streiks.

Zusätzlich zu internen Einsparungen will die Fluggesellschaft weitere 350 Millionen Euro durch Outsourcing auf innerskandinavischer Fluglinien und den Verkauf von Tochtergesellschaften realisieren. Möglicherweise soll der Flughafendienstleister SAS Ground Services verkauft werden, der maßgeblich dazu beiträgt, dass SAS zu den pünktlichsten Airlines der Welt gehört. Auch das Bonusprogramm für Vielflieger wird als mögliches Verkaufsobjekt gehandelt, an dem Banken, Versicherungs- und Kreditkartengesellschaften interessiert sein könnten. Sie bekämen dadurch Zugriff auf die Daten von loyalen Kunden und könnten ihre Produkte anbieten. Als Verkaufskandidat gilt auch die norwegische Tochter Widerøe, die im Unterschied zur Muttergesellschaft stetige Gewinne erzielt. Hier hat bereits eine Interessengemeinschaft der Beschäftigten Kaufwünsche geäußert und nach Zeitungsberichten soll die Bankfinanzierung gesichert sein.

Ob der neue Sparplan ausreicht zu verhindern, dass »Letzter Aufruf für SAS« bald zu hören sein wird, ist unklar. Einerseits braucht es eine Lösung, um im beinharten Wettbewerb bestehen zu können. Andererseits darf man nicht den Konkurrenzvorteil von Pünktlichkeit und guter Qualität durch zu viel Sparen in Gefahr bringen.

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