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Buch in DNA gespeichert

  • Reinhard Renneberg, Hongkong, und JoJo Tricolor, Cherville
  • Lesedauer: 2 Min.
Vignette: Chow Ming
Vignette: Chow Ming

Gerade hatte ich im Internet das neueste Biotechnologie-Buch meines Kollegen George Church bestellt. Mm, das war vielleicht übereilt - es ist noch ganz konventionell auf Papier gedruckt. Und der ideensprühende George überraschte danach mit einem Hit: Er und sein Team haben genau dieses Buch mit den Bausteinen der Erbsubstanz DNA »abgeschrieben« und als DNA gespeichert! Nachlesen kann man das Experiment im Fachblatt »Science« (DOI: 10.1126/ science.1226355). Zusammen mit Kollegen der Johns Hopkins University in Baltimore zeigt Harvard-Professor Church einen neuen Weg, Informationen zu archivieren und dabei weniger Hardware und Raumvolumen zu »verbrauchen«. Sein sozusagen als Selbstversuch in DNA gespeichertes Sachbuch »Regenesis: How Synthetic Biology Will Reinvent Nature and Ourselves« umfasst 300 Seiten hat exakt 53 426 Wörter und elf Abbildungen.

Eigentlich liegt Churchs Idee auf der Hand: Die DNA ist seit Milliarden Jahren ein geniales Speichermedium der Natur. Ihre vier unterschiedlichen Nukleotid-Bausteine A, C, G, T wirken wie Buchstaben. Mit diesen »Buchstaben« (oder besser Ziffern) erzeugte das Team nun einen digitalen Binärcode, dabei standen A und C für »Null«, G und T für »Eins«.

Das digitale Druckmanuskript des Sachbuchs wurde also auf DNA-Code mit den entsprechenden Bausteinfolgen übertragen und mittels der dafür üblichen Synthesetechnik in DNA umgewandelt. Insgesamt waren es reichlich fünf Megabyte, die allerdings auch nur mit einem DNA-Sequenzierautomaten wieder gelesen werden können.

Sie werden sich fragen, wie sich so ein DNA-Buch anfühlt: Nun, reine DNA ist ein Klümpchen Schleim. Für diese Zwecke werden aber sogenannte DNA-Chips eingesetzt, in denen das Material gekapselt ist.

Die Fehlerquote des Verfahrens lag bei nur zwei Fehlern pro Million Bits. Das entspricht etwa der Rate bei DVDs und ist deutlich besser als bei normalen Computer-Festplatten. Für kommerzielle Anwendungen ist es aber noch zu aufwendig und auch viel zu langsam. Daniel Gibson vom Venter Institute meint aber, die Technologie dürfte sehr bald billiger, schneller und kleiner werden. Und dann könnte die DNA ihre entscheidenden Vorteile ausspielen: Eingefroren »halten« die DNA-Informationen auch zehntausende Jahre und ließen sich wieder auslesen und nahezu fehlerfrei kopieren.

Wenn es dann noch gelänge, »Korrektur-Lese-Enzyme« zu schaffen, welche die DNA-Informationen nach Fehlern absuchen und korrigieren, könnte ein Teil der Qualitätssicherung in der Buchproduktion an »externe« lebende Zellen abgegeben werden ...

Das Thema trieb mich an, gleich per E-Mail eine Frage an George zu senden: »Also könnte man Dein DNA-Buch auch in lebende Zellen einschleusen? Was passiert da, lesen die das?« George ist in der prompten Antwort ohne Illusion: »Gute Idee. Aber das wird von den Zellen sofort als Müll rausgeworfen!«

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