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Historische Stunde in der UNO

Alle Zeichen standen gestern für die Palästinenser auf Erfolg in der Abstimmung

  • Roland Etzel
  • Lesedauer: 3 Min.
Die UN-Vollversammlung stand vor einer wichtigen Entscheidung - der Anerkennung eines Staates Palästina. Wer ist dafür, wer dagegen?

Wenn alles nach der veröffentlichten Tagesordnung der UNO-Vollversammlung ablief, besitzt Palästina bereits heute einen Status als »non-member-state«, ist also ein Staat, der zwar (noch) nicht Mitglied der Vereinten Nationen ist, dort aber (bereits) Beobachterstatus hat. Am gestrigen Abend wollte Palästinenserpräsident Mahmud Abbas einen entsprechenden Antrag stellen, noch vor Mitternacht (MEZ) sollte die Abstimmung darüber stattfinden.

Bereits im Laufe dieser Woche hatte sich herausgeschält, dass dieser Antrag von den meisten der 193 Mitgliedstaaten befürwortet wird; allen voran die Vetomächte China, Frankreich und Russland. Halah Abu Mugheisib von der palästinensischen Vertretung in Deutschland erklärte gestern nachmittag auf »nd«-Nachfrage: »Wir erwarten die Zustimmung von fast allen lateinamerikanischen, afrikanischen und asiatischen Staaten. Die arabischen Staaten werden selbstverständlich auch dafür stimmen.« Bereits damit wäre eine Majorität für den Antrag erreicht, da im Plenum niemand ein Vetorecht hat.

Von den EU-Mitgliedern hatten sich, so Frau Abu Mugheisib, bis zum Nachmittag neben Frankreich auch Spanien, Portugal, Luxemburg, Belgien, Schweden, Dänemark, Malta, Zypern, Griechenland und Österreich für ein Ja entschieden; außerdem Island, Norwegen und die Schweiz. Politikererklärungen, die auf ein Ja hindeuteten gab es darüberhinaus aus Finnland, Irland, Italien und Slowenien, unter bestimmten Bedingungen auch Großbritannien. Stimmenthaltung hatten neben Deutschland Bulgarien, die Niederlande, Tschechien, Estland, Litauen und Rumänien signalisiert. Definitiv zu einem Nein erklärte sich damit kein Land in Europa Das wollten aller Voraussicht nach allein die USA, Kanada und natürlich Israel. Unklar war unter den EU-Mitgliedern bis zum Schluss die Haltung Ungarns, Lettlands, Polens und der Slowakei.

Damit liegt auf der Hand, dass sich alle Sonntagsreden vom Streben nach einer gemeinsamen (EU)-europäischen Außenpolitik als Muster ohne jeglichen Wert erwiesen haben. Diese ist kläglich gescheitert und musste es wohl auch. Dafür genügte schon die deutsche Herangehensweise. Sowohl die gestrigen Äußerungen von Außenminister Guido Westerwelle als auch des Vorsitzenden der deutsch-arabischen Parlamentariergruppe, Joachim Hörster (CDU), lassen den Schluss zu, dass sich beide sehr für einen gemeinsamen EU-Standpunkt eingesetzt haben - wenn es denn der deutsche ist. Berlins Isolation konnte kaum augenfälliger sein.

Von der Opposition gibt es dafür bissige Kritik. Der außenpolitische Sprecher der LINKEN im Bundestag, Wolfgang Gehrcke, konstatierte, der Bundesregierung »fehlt es an Mut und Rückgrat, sich positiv zum palästinensischen Antrag zu verhalten«. Gerade die »besonderen Beziehungen zu Israel hätten es erfordert, alles einzusetzen, um Israel von einem weiteren Schritt in die eigene Isolation abzubringen«.

Auch der Vorsitzende der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe, Jerzy Montag (Grüne), äußerte Sympathie für den Abbas-Antrag. Er sehe auch nicht, dass dadurch die existenziellen Interessen Israels gefährdet würden. Die frühere Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) verlangte ebenfalls von der Bundesregierung, den Palästinenserantrag zu unterstützen. In Israel selbst kommt unerwartete Zustimmung aus der politischen Mitte. Ehud Olmert, Ministerpräsident 2006-09, erklärte: »Ich glaube, dass der palästinensische UN-Antrag im Einklang mit den grundlegenden Prinzipien der Zwei-Staaten-Lösung steht.«

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