Stadt muss zahlen, weil sie den Rechtsanspruch nicht erfüllt

Kein staatlicher Krippenplatz vorhanden

  • Lesedauer: 3 Min.
Eine Stadt muss die Kosten für eine private Krippe tragen, wenn sie einem zweijährigen Kind keinen eigenen Kitaplatz anbieten kann. Das entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) in einem am 9. November veröffentlichten Urteil (Az. 7 A 10671/12.OVG).

Konkret geht es um die Stadt Mainz. Der Hintergrund ist der seit August 2010 in Rheinland-Pfalz geltende Rechtsanspruch für Zweijährige auf einen Kindergartenplatz.

Der verhandelte Fall: Eine Mainzer Familie hatte ihre damals zweijährige Tochter ein halbes Jahr lang in einer privaten Kita untergebracht, da es in städtischen Einrichtungen keinen freien Platz gab. Nun forderte die Familie die Stadt auf, die Kosten zu übernehmen, was zunächst abgelehnt wurde.

Das Verwaltungsgericht entschied jedoch, die Stadt müsse der Mutter 2200 Euro erstatten. Nachdem die Stadt Berufung eingelegt hatte, scheiterte sie nun auch vor dem OVG.

Das Jugendamt müsse gewährleisten, dass für jedes Kind vom vollendeten zweiten Lebensjahr an ein Platz in einer Kindertagesstätte ohne Beitrag zur Verfügung stehe, betonten die Richter am Oberverwaltungsgericht. Sie verwiesen auf das rheinland-pfälzische Kindertagesstättengesetz.

Die Richter ließen eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu - wegen der grundsätzlichen Bedeutung auch für andere Städte und mit Blick auf die Kommunen, wenn der von der Bundesregierung angestrebte Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz voll umgesetzt werden soll.


Für Kinder unter drei Jahren fehlen 220 000 Kitaplätze

Den Statistikern zufolge fehlen bundesweit noch 220 000 Kitaplätze für Kinder unter drei Jahren, damit die Kommunen zum 1. August 2013 den Rechtsanspruch auf ein Betreuungsangebot einlösen können. Diese Zahl liegt deutlich höher als bisherige Schätzungen.

Zum 1. März 2012 gab es bundesweit für 27,6 Prozent der unter Dreijährigen ein staatlich gefördertes Betreuungsangebot. Ziel sind bundesweit Betreuungsangebote für 39 Prozent der Kinder dieser Altersgruppe - angestrebt werden 37 Prozent im Westen und 51 Prozent im Osten.

Die ostdeutschen Kommunen haben in den vergangenen fünf Jahren weitere Kitaplätze geschaffen. Hier wird fast jedes zweite Kind unter drei Jahren tagsüber außerhalb der Familie betreut. Damit gehen im Osten weit mehr Kinder in eine Kindertageseinrichtung oder zu einer Tagesmutter als im Westen.

Spitzenreiter ist Sachsen-Anhalt, wo es zum Stichtag am 1. März für 57,5 Prozent der unter Dreijährigen ein staatlich gefördertes Betreuungsangebot gab. Vor fünf Jahren lag die Quote bei 51,8 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte.

Auch in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Thüringen, Sachsen und Berlin gab es trotz des hohen Niveaus weitere Zuwächse. In Mecklenburg-Vorpommern stieg die Betreuungsquote in den vergangenen fünf Jahren von 44,1 auf 53,6 Prozent, in Brandenburg von 43,3 auf 53,4 Prozent. Auch in Thüringen und Sachsen wurden weitere Kita- und Tagespflegeplätze geschaffen. In Thüringen geht mittlerweile jedes zweite Kind unter drei Jahren in eine Kindertageseinrichtung (49,8 Prozent; im Jahr 2007 waren es 37,5 Prozent). In Sachsen ist es ähnlich: 46,4 Prozent gegenüber 34,6 Prozent im Jahr 2007. In Berlin liegt die Quote bei 42,6 Prozent (2007 lag sie bei 39,8 Prozent).

»Der weitere Ausbaubedarf konzentriert sich dabei ausschließlich auf Westdeutschland, wo innerhalb eines Jahres ein Zuwachs um 63 Prozent realisiert werden müsste«, schlussfolgerte das Statistische Bundesamt.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal