Suche nach der Zwillingserde

Exoplaneten sind meistens Exoten - bis auf wenige erdähnliche

  • Dieter B. Herrmann
  • Lesedauer: 4 Min.

In den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts war der niederländische Astronom Peter van de Kamp berühmt für seine angeblichen Entdeckungen von Planeten bei fernen Sonnen. Doch er musste schließlich zugeben, dass die extrem schwierigen Messungen voller Fehler steckten. Zum Schluss beruhigte sich der Astronom mit dem Bibelwort: »Selig sind, die da glauben, obwohl sie nicht wissen«.

Inzwischen sind wir sicher, dass es Exoplaneten gibt. Die Zahl der Entdeckungen ist in den vergangenen beiden Jahrzehnten sprunghaft gestiegen und sogar Amateure beteiligen sich erfolgreich an der Suche. Gegenwärtig nähert sich die Zahl nachgewiesener Exoplaneten dem ersten Tausend! Das 2009 gestartete Kepler-Weltraumteleskop hat zudem ca. 3000 Kandidaten entdeckt, die noch genauer untersucht werden müssen. Kurz: Niemand zweifelt mehr daran, dass die Entstehung von Sternen ganz allgemein mit der Herausbildung von Planetensystemen verbunden ist und diese somit den »Regelfall« darstellen.

Für die Wissenschaft war bei all diesen Entdeckungen mittels unterschiedlicher Methoden vor allem die Tatsache interessant, dass unser heimatliches Planetensystem keineswegs typisch zu sein scheint. Wir hatten uns schon so schöne Bilder über die Entstehung von Planetensystemen zurecht gelegt - auf Grund der Untersuchung unseres eigenen. So meinten wir z.B. genau zu wissen, warum die Gasriesen, wie Jupiter oder Saturn, weit entfernt von der Sonne umlaufen. Die leicht flüchtigen Gase, aus denen sie bestehen (hauptsächlich Wasserstoff), konnten sich in Sonnennähe nicht behaupten. Anders die schweren Elemente, aus denen die »Gesteinsplaneten« Merkur, Venus, Erde und Mars bestehen, und die deshalb auch eine viel größere mittlere Dichte aufweisen. Dass es auch ganz anders sein kann, zeigten die ersten Entdeckungen von Exoplaneten. Ausgesprochene Gasriesen bewegten sich in unmittelbarer Nähe ihres Zentralgestirns. Ihre Massen betrugen zudem das Vielfache der Jupitermasse. Erdähnliche Planeten schienen zu fehlen. Neue Theorien über die Evolution von Planetensystemen wurden entworfen. Doch inzwischen haben wir auch erste erdähnliche Planeten entdeckt - vor allem dank enormer Fortschritte in der Messtechnik.

Verständlicherweise konzentrierte sich das Interesse an »Zwillingen« der Erde besonders auf Planeten bei sonnenähnlichen Sternen. Forscher und Laien fasziniert gleichermaßen die Frage: Gibt es bewohnbare (vielleicht sogar bewohnte) Planeten außerhalb unseres Sonnensystems? Sie sollten sich zu diesem Zweck unbedingt in der »habitablen Zone« befinden, in einer Distanz vom Hauptstern, in der die Temperaturen die Existenz von flüssigem Wasser ermöglichen. Auf diesem Gebiet wurden in jüngster Zeit erhebliche Fortschritte erzielt. Den Anfang machten zwei Planeten um den etwa 20 Lichtjahre entfernten roten Zwergstern »Gliese 581«. Gliese 581c und 581d wurden näher ins Visier genommen. Letzterer passt in das »Beuteschema«. Er umrundet seinen Hauptstern in ca. 66 Tagen, verfügt allerdings über fast 6 Erdmassen. Solche »Super-Erden« sind nach neuesten Erkenntnissen, an denen auch Wissenschaftler des DLR-Instituts für Planetenforschung in Berlin-Adlershof mitgearbeitet haben, keine echten Kandidaten für Leben, selbst wenn sie sich in der habitablen Zone befinden. Sie kühlen zu schnell ab und haben demzufolge nur eine kurze Phase mit aktivem Vulkanismus. Dieser ist aber wichtig für die Herausbildung einer Atmosphäre und anderer für die Evolution von Leben wichtiger Eigenschaften des Planeten. Die innere Struktur dieser Super-Erden lässt wahrscheinlich auch kein Magnetfeld entstehen, das vor schädlichen Wirkungen des Sonnenwindes schützt.

Umso mehr Aufmerksamkeit erregte jetzt die Entdeckung eines Planeten um »Alpha Centauri B«, den der Erde mit nur 4,4 Lichtjahren Entfernung nächststehenden Fixstern überhaupt. »Alpha Centauri B«, der nur von der Südhalbkugel der Erde aus beobachtet werden kann, ist zudem ein Stern mit großer Sonnenähnlichkeit, was seine Größe und Temperatur anlangt. Der entdeckte Planet weist eine Masse von 1,1 Erdmassen auf. Er wurde mit Hilfe des am 3,6-Meter-Teleskop der Europäischen Südsternwarte (ESO) in La Silla (Chile) angebrachten HARPS-Hochpräzisionsspektroskops entdeckt. Mit diesem komplexen Gerät gelang es, die äußerst schwachen Planetensignale von den viel stärkeren des Sterns, der auch noch Teil eines Doppelsternsystems ist, sicher zu trennen. An den Forschungen ist auch die Thüringisches Landessternwarte Tautenburg beteiligt. Der Planet mit der niedrigsten bisher gefundenen Masse um einen sonnenähnlichen Stern bewegt sich allerdings in sehr geringem Abstand um sein Zentralgestirn: zehnmal näher als unser Planet Merkur, rast er in 3,24 Tagen einmal um seine Sonne. Er befindet sich also keineswegs in der habitablen Zone und scheidet daher für Leben völlig aus. Doch die Forscher sind überzeugt, dass sie nur einen von mehreren Planeten dieses Systems entdeckt haben und ihnen der richtige noch fehlt. Es wird sich bald zeigen, ob sie zu den Seligen gehören, die da glauben, obwohl sie nicht wissen, oder ob weitere Entdeckungen folgen werden. Fantasten debattieren bereits über eine Raumfahrtmission in das System von »Alpha Centauri B«. Doch die würde beim gegenwärtigen Stand der Technik 28 000 Jahre in Anspruch nehmen.

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