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Belgien: Verhinderte Verhütung

In Belgien werden Hilfslieferungen von Verhütungsmitteln blockiert und damit der Kampf gegen die reproduktiven Rechte von Frauen geführt

Die Auflösung der Entwicklungshilfe-Agentur USAID bedrohte weltweit die Sicherheit und Selbstbestimmung von Frauen, wie auch im Fall der blockierten Lieferung von Verhütungsmitteln in Belgien klar wird.
Die Auflösung der Entwicklungshilfe-Agentur USAID bedrohte weltweit die Sicherheit und Selbstbestimmung von Frauen, wie auch im Fall der blockierten Lieferung von Verhütungsmitteln in Belgien klar wird.

Der Kreuzzug für das ungeborene Leben hat seit Monaten ein Lagerhaus in Belgien in den Belagerungszustand versetzt. Dort befinden sich laut Presseberichten Verhütungsmittel im Wert von 9,7 Millionen US-Dollar, die eigentlich von der US-Entwicklungsbehörde USAID an mehrere afrikanische Länder hätten geliefert werden sollen. USAID allerdings ist seit Juli Geschichte, ein paar mickerige Reste der Behörde unterstehen nun dem US-Außenministerium.

Um die während der rasanten Abwicklung in der Auslieferung stecken gebliebenen Hilfsgüter kümmert sich niemand mehr. Im schlimmsten Fall zieht die US-Regierung es vor, diese verbrennen zu lassen, anstatt sie auszuliefern. Laut Recherchen des Magazins »The Atlantic« sollten im Juli schon 500 Tonnen Notnahrung für Kinder verbrannt werden, die eigentlich von USAID ans Welternährungsprogramm übergeben werden sollten.

Das Leben bereits geborener Kinder ist, nebenbei bemerkt, den sogenannten Lebensschützern aus der US-Administration so ziemlich egal – noch dazu, wenn es sich um arme Kinder handelt. Die US-Regierung möchte die in Belgien gestrandeten Verhütungsmittel ebenfalls gerne den Flammen übergeben. Dabei hatten sich im Bereich Familienplanung tätige NGOs angeboten, die Antikontrazeptiva abzukaufen und weiterzuverteilen.

Die Reproductive Health Supplies Coalition rechnet vor, dass die Vernichtung der Mittel absehbar zu 362 000 unbeabsichtigten Schwangerschaften, 161 000 ungeplanten Geburten, 110 000 unsicheren Schwangerschaftsabbrüchen und 718 vermeidbaren Todesfällen von Müttern führen würde. Doch im Namen des Schutzes ungeborenen Lebens wird einmal mehr das Leben von Frauen gefährdet.

Im Grunde steht dahinter der Angriff auf die reproduktiven Rechte und damit auch die körperliche Integrität von Frauen. 1984 wurde unter US-Präsident Ronald Reagan die Global Gag Rule eingeführt. Organisationen, die Abtreibungen durchführen, Beratungen über Schwangerschaftsabbrüche anbieten oder sich für eine Liberalisierung von Abtreibungsgesetzen einsetzen, dürfen demnach keine finanziellen Mittel über USAID erhalten. Von den demokratischen Präsidenten nach Reagan wurde diese Regel ausgesetzt, unter Trump 2.0 gilt sie trotz Abschaffung von USAID.

Die in Belgien lagernden Verhütungsmittel bleiben im Limbo. Denn nach belgischem Recht können noch verwendbare Medikamente nicht einfach vernichtet werden.

Sollte dies dennoch geschehen, wäre es nur der absurdeste Auswuchs einer Politik, die den Tod von armen Frauen und Kindern achselzuckend in Kauf nimmt. Laut im Journal »The Lancet« veröffentlichten Schätzungen könnte die Abwicklung von USAID bis 2030 zu mehr als 14 Millionen zusätzlichen Todesfällen führen, davon 4,5 Millionen bei Kindern unter fünf Jahren. Wollte sich in der Trump-Administration jemand ernsthaft für heute noch nicht geborene Kinder einsetzen, wäre hier ein Betätigungsfeld.

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