Lehren aus dem Amoklauf

  • Lena Tietgen
  • Lesedauer: 2 Min.
Karikatur: Christiane Pfohlmann
Karikatur: Christiane Pfohlmann

Der Amoklauf von Newtown/USA ist noch nicht vollständig aufgeklärt, schon weiß die Medienwelt um die psychologische Beschaffenheit des Täters. Das ist bequem. Aus einem Charakterbild braucht nichts zu folgen, denn dieser Mensch ist eine Ausnahme, so die Botschaft solcherart Beschäftigung mit der Tat. Die Superlative kennt eben keine Grenzen. Dabei zeigt ein nur etwas tiefergehender Blick Bedingtheiten, die die ganze Gesellschaft betreffen.

Die Gesellschaft befindet sich in einem schnellen, tiefgreifenden kulturellen Wandel. Medientechnologie, Globalisierung, Verteilungsungerechtigkeit sind nur einige Phänomene, die auf Heranwachsende einwirken. Soziale Strukturen zerfallen noch bevor andere, tragfähigere sichtbar werden. Zudem weisen soziale Netzwerke eine Generationsverschiebung auf. Bevor Eltern im Umgang mit diesen fit sind, bewegen sich ihre Kinder wie selbstverständlich in ihnen. In allem ist der Druck groß. Und während die Welt der Erwachsenen schwerfällig bis ausweichend reagiert, spüren Kinder diesen Druck unmittelbar und werden mit ihm alleingelassen. Nur: Kinder verkraften Einsamkeit nicht. Am rasenden Stillstand, den Erwachsene im Glauben eigener Alternativlosigkeit produzieren, verzweifeln sie oftmals.

Wenn es eine eindeutige Lehre aus dem Amoklauf von Newtown gibt, dann diese: Schulen brauchen Psychologen, die im Team ihren festen Platz haben müssen. Und: Schulen müssen Kindern und Jugendlichen vermitteln, dass gesellschaftliche Umbrüche steuerbare Prozesse sind. Gesellschaftliche Prozesse aber müssen entschleunigt werden, um so aus der Wahnsinnsideologie des »There is no Alternative« herauszufinden.

Die Autorin ist Erziehungswissenschaftlerin und lebt in Berlin.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal