Ein Dinosaurier namens Ilse

Naturschutzbund NABU vergibt Schmähpreis an Agrarministerin Aigner

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.
Agrarministerin Ilse Aigner hat sich mit ihrer Politik bei Umweltverbänden keine Freunde gemacht. Jetzt bekommt sie dafür einen Schmähpreis.

Der »Dinosaurier des Jahres 2012« ist Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner. Die CSU-Politikerin erhalte den Preis »für ihre rückwärtsgewandte Klientelpolitik«, so der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland (NABU), Olaf Tschimpke, am Donnerstag in Berlin. Die Ministerin habe sich »vor den Karren des Deutschen Bauernverbandes spannen lassen« und stemme sich verbissen gegen alle Initiativen in der EU, die Agrarförderung zukunftsfähig zu gestalten. So blockiere Aigner einen Entwurf der EU-Kommission, der vorsieht, alle Subventionen für landwirtschaftliche Betriebe an die Erfüllung ökologischer Kriterien zu koppeln. Damit stelle sich die Ministerin gegen EU-Agrarkommissar Dacian Ciolos und gegen Beschlüsse des Bundesrates sowie der Agrarministerkonferenz der Bundesländer. Darin wird etwa gefordert, mehr ökologische Vorrangflächen auszuweisen, den Grünlandumbruch einzuschränken und mehrgliedrige Fruchtfolgen vorzuschreiben, um der Zerstörung von Kulturlandlandschaften und der Bodenerosion entgegen zu wirken.

Doch auch in der Fischereipolitik agiere Aigner als Sprachrohr der Lobbyisten, kritisierte Tschimpke. Nach wir vor finde auch in Schutzgebieten in der Ost- und Nordsee Grundschleppnetzfischerei statt - mit erheblichen Folgen für die sensiblen Ökosysteme am Meeresboden und für bedrohte Tierarten wie den Schweinswal. An der Tierschutzpolitik der Ministerin lässt der NABU ebenfalls kein gutes Haar: Entgegen ursprünglicher Ankündigungen enthalte die Novelle des Tierschutzgesetzes nach entsprechenden Interventionen von Branchenvertretern weder ein schnelles Verbot der betäubungslosen Kastration von Ferkeln noch Vorschriften für die artgerechte Haltung von Puten und Kaninchen, so Tschimpke.

Seit 1993 vergibt der Naturschutzbund jährlich den »Dinosaurier des Jahres« an Politiker, Wirtschaftsmanager oder Verbandsfunktionäre, die in besonders eklatanter Weise gegen Belange des Natur- und Umweltschutzes aufgetreten sind. Dazu gehörten in den vergangenen Jahren unter anderem die Vorstandsvorsitzenden der Energiekonzerne EnBW und RWE, Gerhard Goll und Jürgen Großmann, der frühere Air-Berlin-Chef Joachim Hunold und der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn.

Ein Sprecher Aigners wies die Kritik zurück. Der NABU setze auf billige PR-Gags und verschließe die Augen vor der Wirklichkeit, hieß es in einer Erklärung. Deutschland habe die Modernisierung der Landwirtschaft entschlossen vorangetrieben und setze sich auf internationaler Ebene »vehement dafür ein, die Fischbestände in den Weltmeeren als eine der wichtigsten Nahrungsquellen der Menschheit auch für kommende Generationen zu erhalten«. Daher werde man den NABU mit der »Blinden Nuss des Jahres« auszeichnen.

Tschimpke äußerte Verständnis für die Reaktion des Ministeriums. Schließlich mag es kein Politiker gerne, für seine Handlungen öffentlichkeitswirksam kritisiert zu werden. Man hoffe aber dennoch, dass Aigner die »Auszeichnung« als Ansporn verstehe, ihre verbleibende Amtszeit im Sinne einer nachhaltigen Agrar- und Naturschutzpolitik zu nutzen. Und natürlich werde man weiterhin das Gespräch mit der Ministerin suchen, z.B. im Rahmen der Agrarmesse »Grüne Woche« im Januar in Berlin.

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