In Memoriam Wolfgang Neuss

Jürgen Amendt will den Flughafen umbenennen

  • Lesedauer: 2 Min.

Vor gut eineinhalb Jahren geriet der »Spiegel« über Berlin ins Schwärmen. Die Hauptstadt sei »eine Unvollendete«, »ein Mythos, ein Puzzle«. Das war positiv ausgedrückt, hatte aber einen fatalistischen Unterton. Wer je in seinem Leben gepuzzelt hat, kennt die Angst, das am Ende doch ein Teil fehlen wird und die ganze Anstrengung vergeblich war. Die Mutigen, die, die zur Selbstironie fähig sind, hängen das unvollendete Puzzle dann doch an die Wand.

Ich schweife ab und bin doch beim Kern: dem Flughafendesaster. Wer Mut hat, sieht das Scheitern als Beleg für die »Spiegel«-Eloge über die »Unvollendete«. Warum sollte es beim Großflughafen BER anders sein als anderswo in der Stadt? Wäre es nicht ungewöhnlich, der Bau wäre ohne Katastrophe (un)vollendet worden? Die »Stadt der Kreativen« (»Spiegel«, 2008) kann ihr Potenzial erst im Scheitern richtig entfalten. Vor wenigen Tagen erreichte eine Pressemitteilung diese Redaktion. Ein »Bundeskanzler-Willy-Brandt-Freundes-und Freundinnenkreis« fordert darin die Umbenennung des Flughafens, denn der gute Name Brandts dürfe nicht »mit einem derartigen Desaster bleibend in Verbindung gebracht« werden. Unsereiner war rasch geneigt, dem Protest glauben zu schenken. Aber der Brief war ein Fake.

Das ist schade, denn es böten sich gute Alternativen zu Brandt an. Warum den BER nicht nach Wolfgang Neuss benennen? Der Berliner Kabarettist war ein radikaler Pazifist (»Auf deutschem Boden darf nie mehr ein Joint ausgehen«). Statt Brandt könnte Neuss die Gäste des BER begrüßen. Man müsste natürlich Neuss die Ehre erweisen und über den Eingang ein großes Schild anbringen, auf dem geschrieben steht: »Vom Berliner Boden aus darf nie mehr ein Flugzeug starten«.

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