Krank durch Arbeitsdruck

DGB-Studie: Stress belastet immer mehr Beschäftigte

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 2 Min.
Wegen der Zunahme von psychischen Erkrankungen aufgrund von Arbeitsstress fordern Gewerkschaften von der Bundesregierung eine »Anti-Stress-Verordnung«.

Gesundheitsgefährdender Psychostress am Arbeitsplatz hat in den vergangenen Jahren enorm zugenommen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Untersuchung, die der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) am Freitag in Berlin vorstellte. Demnach sehen sich 56 Prozent der knapp 5000 bundesweit befragten Beschäftigten starker oder sehr starker Arbeitshetze ausgesetzt. Im Vergleich zur Vorjahreserhebung ist das eine Steigerung um vier Prozentpunkte. 80 Prozent gaben an, dass sie in der gleichen Zeit immer mehr leisten müssten.

Auf der anderen Seite kommen nur wenige Unternehmen ihrer Verpflichtung nach, die im Arbeitsschutzgesetz festgelegte Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen durchzuführen. Laut der Erhebung wurde ein derartiger Sicherheitscheck nur bei 28 Prozent der Beschäftigten durchgeführt, wobei Faktoren für psychische Belastungen dabei kaum erfasst wurden.

DGB-Vorstandmitglied Annelie Buntenbach bezeichnete diese Zahlen als »Alarmsignal«. Regierung und Unternehmen müssten schleunigst gegensteuern. Schon heute seien 40 Prozent aller Erwerbsminderungsrenten auf psychische Erkrankungen zurückzuführen. Auch Jürgen Urban, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der IG Metall, warnte, Burnout und andere Formen arbeitsbedingter psychischer Erkrankungen drohten zu einer Volkskrankheit zu werden. Von der Bundesregierung verlangen die Gewerkschafter, noch in dieser Legislaturperiode eine »Anti-Stress-Verordnung« zu erlassen. Zwar seien die vor einigen Wochen verabschiedeten Änderungen des Arbeitsschutzgesetzes, laut denen psychische Belastungen in die Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen aufgenommen werden müssen, »ein erster, richtiger Schritt«, so Urban. Aber nur eine Rechtsverordnung böte die Möglichkeit, dies im betrieblichen Alltag konsequent umzusetzen. So könne die bereits existierende Dokumentationspflicht über die Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsplätzen nur durchgesetzt werden, wenn Verstöße auch Sanktionen nach sich zögen, was bislang nicht der Fall sei.

Auch sollten die derzeit »personell ausgebluteten« Gewerbeaufsichtsämter wieder in die Lage versetzt werden, die Einhaltung aller Arbeitsschutzregeln umfassend zu kontrollieren. Ferner müssten Betriebsräte erweiterte Initiativ- und Mitbestimmungsrechte bei allen Fragen der Arbeitsverdichtung erhalten, forderte Buntenbach. Sie zeigte sich zuversichtlich, dass diese Positionen auch Eingang in die gemeinsame Erklärung finden, die nach dem »Stress-Gipfel« am 29. Januar von Bundesregierung, DGB und Arbeitgeberverbänden veröffentlicht werden soll. Schließlich hätten mittlerweile auch die Unternehmer verstanden, dass die Zunahme psychischer Erkrankungen durch Arbeitsstress große wirtschaftliche Schäden verursache

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