»Niemand kann Wunder vollbringen«

LINKE-Vize Sahra Wagenknecht hat sich im Niedersachsenwahlkampf stark engagiert

  • Lesedauer: 3 Min.

nd: Sie konnten das Ruder in Niedersachsen nicht herumreißen. Ist die Niederlage damit auch Ihre persönliche?
Wagenknecht: Es ist nicht die erste Landtagswahl in den alten Bundesländern, die nicht gut für uns lief. Und ich war nicht die einzige Bundespolitikerin unserer Partei, die in Niedersachsen gekämpft hat. Nahezu alle haben sich engagiert, weil diese Wahl so wichtig war. Wir haben gehofft, dass wir das Ruder noch herumreißen können. Aber das ist leider nicht gelungen.

Warum hat die LINKE die Hälfte ihrer Wähler verloren?
Ein großes Problem war die Suggestionskraft der Umfragen. Fast in jedem Artikel wurde den Wählern mitgeteilt, dass wir bei drei Prozent stehen und deshalb keine Chance haben. Wurde in den Medien die Sitzverteilung im künftigen Landtag durchgespielt, kam die Variante mit einem möglichen Einzug der LINKEN nicht vor. Wir hatten die geballte Medienmacht gegen uns, das hat leider funktioniert.

Man könnte auch sagen, die Stimmung wurde richtig eingeschätzt.
Es war eher eine sich selbsterfüllende Prophezeiung. In einer Umfrage von Infratest Dimap lagen wir in der letzten Woche bei 4,5 Prozent. Doch die wurde nirgendwo publiziert. Zudem stand medial das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Schwarz-Gelb und Rot-Grün im Mittelpunkt. Beides zusammen hat es uns sehr schwer gemacht.

Die LINKE hat sich Rot-Grün offensiv als Unterstützer angeboten. Jetzt werden sicher Forderungen nach mehr Radikalität und Eigenständigkeit der Partei laut. Ist der konstruktive Kurs gescheitert?
Wir haben uns der SPD nicht angeboten, sondern gesagt, dass wir zu Verhandlungen bereit sind, wenn sich ihre Politik in unsere Richtung bewegt. Es war immer klar, dass es keine Zusammenarbeit zum Nulltarif geben würde.

Es war die dritte Niederlage in Folge im Westen. Ist die Westausdehnung gescheitert?
Die LINKE ist eine gesamtdeutsche Partei. Wir werden die nächste Bundestagswahl nur mit einem starken Ergebnis im Westen gewinnen. Wer das in Abrede stellt, kann nicht rechnen und gefährdet unseren Einzug in den Bundestag.

Bislang hieß es, eine Partei, die sich streitet, wird nicht gewählt. Nun läuft es harmonisch, gewählt wird die LINKE trotzdem nicht.
Vertrauen kaputt zu machen, geht viel schneller, als Menschen wieder von der LINKEN zu überzeugen. Die Parteiführung hat im letzten halben Jahr viel geleistet. Aber niemand kann Wunder vollbringen. Zudem gab es leider unsolidarische Querschüsse bis zum Schluss. Landtagswahlen hängen gerade in den alten Bundesländern stark vom Bundestrend ab. Bei der Niedersachsenwahl 2008 waren wir auf Bundesebene zweistellig, derzeit stehen wir bei maximal acht Prozent. Das war eine andere Ausgangslage. Auch die Grünen hatten es lange schwer, in Landtage einzuziehen. Wir müssen unsere Parteistrukturen an der Basis auf- und ausbauen. Nur dann kann es in Zukunft anders laufen.

Interview: Ines Wallrodt

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