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Vom Dach an die Mieter

Solaranlagen auf Mehrfamilienhäusern sind ein Stiefkind der Energiewende

  • Hanno Böck
  • Lesedauer: 3 Min.
Solar- und Windstrom sind inzwischen günstiger als der gewöhnliche Haushaltsstromtarif. Dadurch ist es vereinzelt möglich, erneuerbaren Strom gänzlich ohne Förderung direkt vor Ort zu verkaufen, etwa vom Hausdach an die Mieter. Doch bislang gibt es zahlreiche Hürden für den Stromverkauf auf lokaler Ebene.

Es ist eine der größten Solaranlagen auf Wohnhäusern in Deutschland. In Berlin-Hellersdorf hat Donald Mc Loughlin gemeinsam mit der Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land dieses Projekt auf die Beine gestellt. Doch nicht nur die Größe dieser Anlage ist etwas besonderes. Statt - wie zur Zeit üblich - den Strom ins Netz einzuspeisen und dafür die Vergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zu kassieren, will Mc Loughlin den Strom direkt an die Mieter in den Häusern verkaufen.

»Auf Wohnsiedlungen in Deutschland findet man bislang kaum Photovoltaikanlagen«, erklärte Mc Loughlin auf einem Fachgespräch der grünen Bundestagsfraktion. »Dabei besteht ein Großteil der versiegelten Fläche in Deutschland aus Wohnsiedlungen.« Übrigens auch ein Grund, warum Berlin mit seinen vielen Wohnsiedlungen bundesweit Schlusslicht bei erneuerbaren Energien ist. Mc Loughlin will mit einem bisher nicht genannten Stromanbieter zusammenarbeiten, um seinen Kunden auch dann Strom zu liefern, wenn die Sonne gerade nicht scheint.

Solarstrom lässt sich inzwischen zu Preisen produzieren, die günstiger sind als die der günstigsten Stromanbieter. Insofern liegt es nahe, sich die Durchleitung durchs Stromnetz zu sparen, wenn der Strom vor Ort Abnehmer findet. Bei der eigenen Solaranlage ist dies auch weitgehend problemlos möglich. Doch sobald ein Stromanbieter dazukommt, fallen Gebühren an. Denn so paradox es scheint: Auch wer nur Solarstrom verkauft, muss die Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zahlen.

Nach dem EEG hat jeder Betreiber einer Solar-, Windkraft- oder Biogasanlage in Deutschland Anspruch auf Einspeisung seines Stroms ins örtliche Netz zu einem über 20 Jahre garantierten Preis. Die Kosten werden auf die Stromkunden umgelegt.

Bis 2011 konnten sich Ökostromverkäufer von dieser Umlage befreien - das sogenannte Grünstromprivileg. Doch 2012 wurde dieses deutlich eingeschränkt. Das führt beispielsweise dazu, dass die Ökostromanbieter, etwa die Elektrizitätswerke Schönau oder Greenpeace Energy, heute fast nur Wasserkraft aus dem Ausland an ihre Kunden verkaufen. Denn es lohnt sich für sie nicht, Strom aus hiesigen Windkraft- und Solaranlagen direkt zu verkaufen.

Um den Vor-Ort-Verkauf attraktiv zu machen, sieht die aktuelle Rechtslage einen anderen Bonus vor: Wer seinen Strom in »unmittelbarer räumlicher Nähe« verkauft, kann sich von der Stromsteuer befreien lassen. Nur: Was genau als räumliche Nähe gilt, lässt der Gesetzgeber im Unklaren.

»Eine rechtssichere Definition räumlicher Nähe wäre sehr wünschenswert«, erklärt Daniel Hölder von der Firma Clean Energy Sourcing. »Die direkte Versorgung von Kunden aus erneuerbaren Energieanlagen ist eine große Chance für die Akzeptanz der Anlagen. Um den Umstieg auf erneuerbare Energien zu schaffen, müssen wir noch viele Anlagen hinzubauen. Da ist Akzeptanz enorm wichtig.«

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