Nachwuchs für Opus Dei

Urteil über Opus Dei-Jungenschule in Potsdam erwartet

  • Yvonne Jennerjahn, epd
  • Lesedauer: 4 Min.
Als »heilige Mafia« wird die katholische Vereinigung Opus Dei von Kritikern beschrieben. Sich selbst sieht es als Vereinigung für ein Leben, »das ganz mit dem Glauben übereinstimmt« - und plant eine Jungenschule in Potsdam. Über dieses umstrittene Vorhaben entscheidet heute das Bundesverwaltungsgericht.

Potsdam/Leipzig. Seit mehr als zehn Jahren bemühen sich Vertreter des streng konservativen Opus Dei bereits um die Gründung eines Jungengymnasiums bei Berlin. Bisher ist es ihnen nicht gelungen. Brandenburg hat den Antrag für eine Schule in Potsdam 2007 abgelehnt, weil er nach Auffassung des Bildungsministeriums gegen das Verfassungsgebot der Gleichstellung der Geschlechter und gegen das märkische Schulgesetz verstößt, das nur gemeinsame Schulen für Jungen und Mädchen vorsieht.

Der Schulträger, die Kölner »Fördergemeinschaft für Schulen in freier Trägerschaft«, die bereits seit mehr als 40 Jahren ein Mädchengymnasium in Jülich betreibt, ging dagegen vor Gericht. Bislang mit Erfolg: Das Potsdamer Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg haben die Begründung der Ablehnung für rechtswidrig erklärt. Auch eine Schule, in der ausschließlich Jungen unterrichtet werden, sei grundsätzlich genehmigungsfähig, urteilte die zweite Instanz 2011 (Az.: OVG 3 B 24.09). Nun muss heute das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig darüber entscheiden.

Dass der Rechtsstreit so weit geht, war zunächst nicht vorgesehen. Das Oberverwaltungsgericht hatte dem Gang in die nächste Instanz eine Absage erteilt. Doch Brandenburg hatte mit seiner Beschwerde dagegen Erfolg. »Wir waren erstaunt, dass die Revision zugelassen wurde«, sagt dazu Horst Hennert, Leiter des Berliner Büros von Opus Dei und Geschäftsführer der Fördergemeinschaft. »Es gibt keine nachvollziehbaren Gründe, warum monoedukative Schulen bundesweit nicht zulässig sein sollten.« Man wolle der Verschiedenheit der Geschlechter Rechnung tragen, begründet Hennert die Pläne für die Jungenschule. Es sei inzwischen Allgemeingut, dass Jungen zu den Bildungsverlierern gehören, sagt der ehemalige Lehrer für Deutsch, Philosophie und Religion. Deshalb sei ein Angebot nötig, »in dem die Jungen in einer besonderen Weise gefördert werden können«.

Ruf und Geschichte des Opus Dei haben bei dem Streit zumindest offiziell bisher keine Rolle gespielt: Das 1928 von dem spanischen Priester Josemaría Escrivá gegründete »Gotteswerk« ist seit langem umstritten, unter anderem wegen seiner Nähe zur Franco-Diktatur in Spanien, schmerzhafter Bußpraktiken für einige Mitglieder und Forderungen seines Gründers nach absolutem Gehorsam. »Für mich ist das Opus Dei eine Sekte, weil es weitgehend verdeckt arbeitet und nach Macht strebt, um missionarische Ziele durchzusetzen«, hat der Journalist Widmar Puhl vor einiger Zeit nach dem Austritt seine Eindrücke aus zehn Jahren Mitgliedschaft beschrieben.

»Wenn Sie mit Leuten sprechen, die sich haben scheiden lassen, wissen Sie, was Sie normalerweise zu hören bekommen«, sagt Hennert zu Vorwürfen der Sektenhaftigkeit. »Das ist nicht wie ein Orden, wo man dann vor der Tür steht.« Niemand werde aus seinem Beruf herausgerissen, die Mitgliedschaft sei eine freiwillige Entscheidung.

Den Druck, der hinter der Freiwilligkeit stehen kann, hat der Münchner Michael Lehner vor mehreren Jahren in einem Buch beschrieben. Mit 16 ist er dem Werk als zölibatär lebender »Numerarier« beigetreten, als 24-Jähriger hat er das Opus Dei wieder verlassen. In seinem Erfahrungsbericht schildert er die Verpflichtung zur Unterordnung, zum Verzicht auf Privatsphäre, zur Abgabe der Einkünfte, zur Offenlegung der eigenen Gedanken, Bücherverbote. Und er beschreibt, wie er von der deutschen Opus Dei-Zentrale zum Lehramtsstudium gedrängt wurde, um später in einer noch zu gründenden Jungenschule in München oder Berlin unterrichten zu können.

Das geplante Jungengymnasium sei keine Opus Dei-Schule, sagt Horst Hennert. »Wir wollen das Wertefundament des katholischen Glaubens vermitteln«, betont der Pädagoge, der selbst auch »Numerarier« ist. »Das wissen natürlich die Eltern, das wählen sie.« Religionsunterricht und Seelsorge soll ein Priester des »Gotteswerks« übernehmen. »Das ist die Verbindung zum Opus Dei«, sagt Hennert. Für die Finanzierung soll eine Stiftung sorgen.

Das katholische Erzbistum Berlin steht den Schulplänen seit Jahren distanziert gegenüber, auch unter dem neuen Erzbischof Rainer Maria Woelki. Man werde sich nicht an der Finanzierung beteiligen, betont ein Sprecher. Das Erzbistum baut stattdessen in Potsdam seit einigen Jahren ein eigenes Gymnasium auf - für Jungen und Mädchen.

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