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Startschuss zum 17. Juni

Neue Ausstellung der Stiftung Aufarbeitung

  • Lesedauer: 2 Min.

Mit den von der Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur erstellten, in Auftrag gegebenen oder finanzierten Plakatausstellungen (wie die umstrittene »Bruderland ist abgebrannt«) könnte mittlerweile die ganze Republik zugepflastert werden. Unermüdlich ist man im Hause Eppelmann. Und natürlich lässt man sich den 60. Jahrestag des »Volksaufstands« in der DDR nicht entgehen, erneut eine 20-teilige Plakatdokumentation zu drucken - in über 2500 Exemplaren. Sie soll bundesweit, von Arnstadt bis Hamburg, in Rathäusern, Schulen, Bibliotheken, Kirchen, Wahlkreisbüros zu sehen sein und zudem ins Ausland exportiert werden.

Autor der neuen Plakateschau ist der in derlei Produktion bereits erfahrene Historiker Stefan Wolle, Mitarbeiter des Forschungsverbundes SED-Staat der FU Berlin und stolzer Besitzer eines DDR-Museums an der Spree. Das Auftaktfoto zeigt zwei Panzer vom Typ T-34 inmitten einer Menschenmenge in Berlin. Damit ist das Ende vorweg genommen: Die Sowjets erstickten den Aufstand. Der Bildkommentar: »Minutenlang liegt ein unheimliches Dröhnen in der Luft. Dann erscheinen die ersten jener graugrünen Ungetüme, die man seit dem Endkampf um Berlin im April 1945 hier nicht mehr gesehen hatte.« Wolle erwähnt, dass nicht nur sich berechtigt empörende Arbeiter auf die Straße gingen: »Hier und da meinen Radaubrüder, ihre Stunde sei gekommen. Autos werden umgestürzt, Kioske gehen in Flammen auf.« Man sieht Deutschland-Fahnen schwenkende Jugendliche durchs Brandenburger Tor kommen; den protestierenden Werktätigen jedoch ging es nicht primär um »Wiedervereinigung«, wie am alt-bundesdeutschen Einheitstag stetig suggeriert.

Zu Recht wird von Wolle die Mär vom »faschistischen Putsch« abgebügelt. In der Vorgeschichte zitiert er indes einen Ausspruch von Ulbricht, der einzig von Wolfgang Leonhard überliefert ist: »Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben.« Die 2. Parteikonferenz wird genannt; doch sie beschloss nicht den »planmäßigen Aufbau des Sozialismus«, sondern - la petite difference! - »Richtlinien für den planmäßigen Aufbau der Grundlagen des Sozialismus«. Die Bildung erster LPG erregte wohl weniger Unmut, als die Drosselung der Konsumgüterproduktion zugunsten des Aufbaus einer Schwerindustrie, gestiegene Lebensmittelpreise und die angekündigten Normerhöhungen. Zu diskutieren wäre zudem, ob statt »Volksaufstand« nicht eher von Arbeitererhebung zu reden ist.

Wie auch immer, der Startschuss zum staatlich verordneten Gedenken an den 17. Juni 1953 ist gefallen. Bei der Präsentation der Schau verkündete Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, in dessen Dienstsitz sie derzeit zu sehen ist, kühn: Noch in diesem Jahr werde der einstige Schauplatz vor seinem Ministerium in »Platz des 17. Juni« umbenannt. K.V.

Die Ausstellung ist gegen eine Schutzgebühr (25 €) erhältlich in der Bundesstiftung Aufarbeitung, Kronenstraße 5, 10117 Berlin.

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