Schwarzgeld für Spaniens Premier

Enthüllungen von »El País« über die Volkspartei setzen Rajoy unter Druck

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 3 Min.
Die renommierte spanische Zeitung »El País« hat der regierenden Volkspartei (PP) vorgehalten, führenden Politikern jahrelang Schwarzgeld gezahlt zu haben – auch dem jetzigen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy. Die PP wiegelt ab. Sollten sich die belegten Vorwürfe nicht entkräften lassen, ist eine neue Regierungskrise in Madrid vorgezeichnet.

Der Name ist gut lesbar: Mariano R. oder M. Rajoy. Nebst den Namen der fast kompletten Parteiführung der rechten Volkspartei (PP) findet sich der Name des amtierenden Ministerpräsidenten Mariano Rajoy auf den handschriftlichen Abrechnungen des langjährigen PP-Schatzmeisters Luis Bárcenas. Die wurden am Donnerstag von »El País« veröffentlicht. Der Vorwurf birgt politischen Sprengstoff: Aus den Abrechnungen geht hervor, dass praktisch die gesamte Spitze der rechten Partei inklusive Rajoy monatlich Bargeld an der Buchhaltung und der Steuer vorbei in Umschlägen erhalten haben soll.

Unlängst hatte der ehemalige PP-Schatzmeister Luis Bárcenas damit gedroht, die »Atombombe« im Schwarzgeldskandal platzen zu lassen. Nun veröffentlichte »El País« von Bárcenas handschriftlich geführte Listen. Damit ist die Bombe geplatzt.

Die Enthüllungen gehen über die Zahlungen an die Parteispitze weit hinaus. Die Online-Zeitung »Público« dokumentiert, dass Bárcenas elf der 22 Millionen Euro, über die er bei der Dresdner Bank in Genf verfügte, im Rahmen der Steueramnestie der Regierung Rajoy gewaschen und legalisiert hat. Entsprechende Dokumente übergab der frühere Schatzmeister am Mittwoch dem Ermittlungsrichter Pablo Ruz am Nationalen Gerichtshof. Damit lieferte er die Beweise für die Angaben seines Anwalts, die von der Regierung stets dementiert worden waren.

Ruz ermittelt im »Gürtel-Skandal«, in dessen Folge Bárcenas 2009 zurücktreten musste, weil er vom Unternehmer Francisco Correa (zu Deutsch: Gürtel) 1,35 Millionen Euro für lukrative öffentliche Aufträge erhalten hatte. Als der PP-Korruptionsskandal 2008 seinen Weg in die Medien fand, wurden die Zahlungen offenbar eingestellt. Der »Gürtel-Skandal« weist deutlich auf illegale Parteifinanzierung hin.
Viele PP-Führungsmitglieder haben ausdrücklich erklärt, keine Umschläge erhalten zu haben. In einer Presseerklärung hat die Partei auch die jüngsten konkreten Vorwürfe dementiert. Allerdings nur halbherzig, denn nun wird nur noch von »systematischen Zahlungen an konkrete Personen« gesprochen. Man kenne die veröffentlichten Dokumente nicht, will aber nun eine »interne und externe« Buchprüfung vornehmen. Dabei hatte Finanzminister Cristóbal Montoro gerade Nachfragen von Parlamentariern als »unverschämt und ruinös« bezeichnet.

Die Faktenlage zu entkräften, wird schwer. Schließlich finden sich auf den Listen unter anderem Zahlungen an die PP-Generalsekretärin María Dolores de Cospedal, den früheren Innenminister Jaime Mayor Oreja und an Rodrigo Rato, einst Wirtschaftsminister. Seine letzte Großtat: Er fuhr die Großbank Bankia an die Wand, die einen großen Teil der Milliarden für die Bankenrettung verschlingt.

Bárcenas sinnt auf Rache, weil sich die Partei von ihm distanziert hat. Er hoffte lange Zeit, dass die PP alle Hebel in Bewegung setzen würde, um ihn vor einer Haftstrafe zu schützen. Diese Hoffnung ist verflogen.
Brüssel hat auf die neuesten Nachrichten aus Madrid noch nicht reagiert. Dabei ist sicher: Ohne die zugesagten EU-Hilfen für die spanischen Banken müsste die PP-Regierung nach dem moralischen auch den ökonomischen Offenbarungseid leisten.

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