Nazi-Gruppierung in Sachsen verboten

Schlag gegen »Nationale Sozialisten Döbeln«

  • Hendrik Lasch
  • Lesedauer: 2 Min.
Mit den »Nationalen Sozialisten Döbeln« hat Sachsen zum dritten Mal eine Nazitruppe verboten. Getroffen werden soll die autonome Szene. Kritiker sagen jedoch, die Gruppierung sei ohnehin bereits im Zerfall begriffen gewesen.

Der Tisch mit Asservaten war übervoll: zwei Luftgewehre, Graffiti-Tischablonen mit dem Slogan »Volkstod verhindern«, ein Bild von Adolf Hitler, T-Shirts einer »Division Döbeln«. Das Arsenal an Gegenständen, die gestern im Morgengrauen bei sechs Aktivisten der »Nationalen Sozialisten Döbeln« beschlagnahmt und später in Dresden präsentiert wurde, sollte illustrieren, wie gefährlich die Truppe war. Sie wurde gestern vom sächsischen Innenminister Markus Ulbig verboten.

Was ist gefährlich?

Es ist nach den 2001 aufgelösten Skinheads Sächsische Schweiz und dem 2007 verbotenen Sturm 34 die dritte Nazivereinigung in Sachsen, der dieses Schicksal zuteil wird. Der Schlag gegen die Döbelner Truppe wurde geführt, weil diese besonders prägnant »die NS-Ideologie an Mann und Frau gebracht und die Demokratie verächtlich gemacht« habe, sagte Gordian Meyer-Plath, Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz. Belegt wird das etwa mit Twitter-Grüßen für Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß an dessen Todesstag oder mit Plakaten, auf denen es hieß, die »BRD vernichtet unsere Zukunft«. Dazu passend, sollen Mitglieder der Gruppe bei Aufmärschen der »Unsterblichen« beteiligt gewesen sein, bei denen Maskierte vor einem angeblichen »Volkstod« warnen. Darüber, wie gefährlich die auf 20 Mitglieder geschätzte Truppe zuletzt noch war, gehen die Meinungen auseinander. Diese sei »ohnehin bereits im Zerfall begriffen«, sagt Kerstin Köditz, Landtagsabgeordnete der LINKEN. Sie habe zuletzt nur noch Propaganda betrieben, sagt auch ihr SPD-Kollege Henning Hohmann und betont, es gebe in Sachsen »weitaus aktivere« Nazis. Dagegen erklärt Bernd Merbitz, Chef eines frisch gegründeten »Operativen Abwehrzentrums« (OAZ), es handle sich um einen »ganz bedeutenden Schritt«. In der Region habe es Skinheadkonzerte mit 400 Teilnehmern sowie Überfälle auf alternative Vereine wie den »Treibhaus e.V.« gegeben: »Es wurde Zeit, dass wir dem ein Ende bereiten.«

Schlagzeilen für das OAZ

Kein Hehl machen die Verantwortlichen freilich auch daraus, dass der Schlag nicht nur die Döbelner Szene treffen sollte. Nazis hätten zuletzt in losen Strukturen gearbeitet, um keine Ansatzpunkte für Vereinsverbote zu bieten, sagt Ulbig. Dank akribischer Arbeit sei es aber doch gelungen, organisatorische Verbindungen nachzuweisen. Das soll ein Signal auch für andere ähnliche Gruppierungen sein: Das Verbot werde »Wirkung in der Szene und in der Region haben«, hofft Ulbig.

Ob das Verbot vor Gericht Bestand hätte und ob es auch zu strafrechtlichen Ermittlungen gegen die Aktivisten kommt, ist aber noch offen. Einen Effekt hat die gestrige Aktion aber sicher gehabt: Das im Januar gegründete OAZ erhält erstmals Schlagzeilen. Und Sachsen, wo der NSU jahrelang unerkannt untergetaucht war, steht als Land da, das Nazis konsequent aus dem Rennen nimmt.

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