Kritik an Verteilung von Pferdefleisch an Arme

Hilfsorganisationen: Respektlos und zynisch

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin (Agenturen/nd). Hilfsorganisationen haben mit Empörung auf einen Vorschlag zur Weitergabe von falsch gekennzeichneten Tiefkühlgerichten mit Pferdefleisch an bedürftige Menschen reagiert. »Der Vorschlag ist respektlos gegenüber Bedürftigen«, sagte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, der »Bild«-Zeitung.

Der CDU-Politiker Hartwig Fischer hatte vorgeschlagen, aus den Regalen genommene Produkte wie Lasagne oder Dosen-Gulasch von Hilfsorganisationen an Bedürftige weiterreichen zu lassen. Mit ihrer ablehnenden Haltung reagieren Hilfsorganisationen in Deutschland anders als in Frankreich. Dort hatten sich mehrere Organisationen bereit erklärt, die aus dem Handel gezogenen Produkte zu verteilen. Voraussetzung sei aber eine Garantie für die Unbedenklichkeit der Lebensmittel.

Auch Christian Bakemeier, Geschäftsführer der Konferenz für Kirchliche Bahnhofsmission, lehnte den Vorschlag ab: Es sei Bedürftigen nicht zuzumuten, sich von nicht mehr verkäuflichen Lebensmitteln zu ernähren. Es sei »zynisch und menschenunwürdig«, die Armutsprobleme in Deutschland auch nur punktuell mit der Verteilung von Pferdefleisch-Lasagne lösen zu wollen.

Das Bundesverbraucherschutzministerium erklärte, es habe zur Weitergabe falsch gekennzeichneter Fertigprodukte durch Hilfsorganisationen »eine kritische Haltung«. Die Rechtslage sei klar. Nur Lebensmittel von einwandfreier Qualität dürften verkauft oder verschenkt werden, erklärte ein Ministeriumssprecher. Auch müssten diese korrekt gekennzeichnet sein.

Der evangelische Theologe Reinhold Mokrosch hat sich unterdessen dagegen ausgesprochen, die betreffenden Produkte wegzuwerfen. »Ich halte es für unverantwortlich, Nahrungsmittel zu vernichten«, sagte der emeritierte Professor der Universität Osnabrück. Er halte es durchaus für möglich, die Produkte mit entsprechender deutlicher Kennzeichnung weiterhin in den Geschäften zu verkaufen. Dann gebe es auch keinen Grund, sie nicht auch den Tafeln anzubieten. Es dürfe allerdings nicht der Eindruck entstehen, dass für Bedürftige gerade noch gut genug sei, was dem Supermarkt-Kunden nicht mehr zugemutet werden könne.

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